Zwischen Protest und Party
Wie haben die Brasilianer den ersten WM-Tag erlebt? DW-Reporter haben sich am Tag des Eröffnungsspiel unter Feiernde und Protestierende im ganzen Land gemischt: Eindrücke von Rio bis Santo André.
Wo das Fan-Fest erfunden wurde
Schon Stunden vor Anpfiff war es hier voll: Beim Alzirão-Straßenfest im Süden Rio de Janeiros unterstützten rund 30.000 Fans ihre Seleção. Hier findet die richtige Party statt, sagen die Einheimischen - und nicht an der Copacabana beim offiziellen Fan-Fest der Fifa. Manche sagen sogar, dass das Alzirão-Straßenfest Vorbild für die offiziellen Fan-Feste der Fifa war.
Keine Lust auf WM
Maria Kemper (links) versucht, sich vor dem Spiel noch in Feier-Stimmung zu bringen, aber irgendwie will es dieses Mal nicht klappen: "Ich habe sonst immer jedes WM-Spiel geschaut, aber heute fühle ich mich entfremdet. Unsere gesellschaftliche Situation hat sich nicht gebessert. Hier auf der Straße fühle ich mich besser aufgehoben."
Feiern, nicht protestieren
"Sie sollen nach Hause gehen", sagt Jesse Feitoso. Ihn nervten die Protestierenden, die auf der Copacabana mit Sprechchören versuchten, das Public Viewing zu stören. "Die paar Demonstranten haben noch nicht kapiert, dass sie uns die WM nun in Ruhe gucken lassen sollen. Die FIFA ist nicht toll, klar, aber jetzt zählt der Fußball."
Brasilianischer Robin Hood
Feiern und Protestieren: Das geht auch zusammen, hat sich Souza Ferreira gedacht. Sie kramte ihr altes Kostüm von Karneval raus und ging als weibliche Robin Hood. "Den Reichen nehmen und den Armen geben." Das ist ihr persönliches WM-Motto.
Schick für die Seleção
Priscilla aus Brasília feiert lieber weit ab vom Rummel mit Freunden zu Hause. "Ich glaube, Brasilien gewinnt", sagt sie und tippt auf 3:2. Für das erste Spiel ihrer Seleção hat sie nicht nur Schmuck und Nagellack passend ausgesucht, selbst Hündchen Juniper hat sie in den Farben der brasilianischen Flagge rausgeputzt.
"Neymara" guckt auch zu
Maria Eduarda hat ihrem Hund für den ersten Spieltag sogar einen neuen Namen gegeben: "Heute heißt sie Neymara", sagt die achtjährige Besitzerin stolz. Die weibliche Namensvetterin des brasilianischen Superstars Neymar und Maria Eduarda haben sich das Spiel zusammen mit ihren Eltern zu Hause angeschaut.
Grün-gelbes Auto
Auch Jonathan Couto hat seinen liebsten Begleiter noch im letzten Moment für die WM bereit gemacht: Sein Auto fährt nun mit den Farben der brasilianischen Nationalmannschaft durch Brasília. "Wir werden Weltmeister", ist sich der junge Mann sicher.
Pelé vom Strand
Er war zwar noch nie Weltmeister, heißt aber wie einer. Robenildo Alves hat den Spitznamen "Pelé da Praia". An Rio de Janeiros Ipanema-Strand hat er eine Volleyballschule. Zur WM wird er seinem Lieblingssport aber gerne untreu und feuert die brasilianische Fußballmannschaft an.
Nur gucken ist langweilig
Halb spielen sie auf der Straße, halb schauen sie Fußball: Die achtjährige Hellen und ihre kleine Schwester Evelyn verfolgen das WM-Auftaktspiel auf einem Fernseher, der vor ihrem Haus in Santo André aufgebaut ist. Dort flimmert gerade Neymar über die Mattscheibe, ihr Lieblingsspieler. Aber auch für ihn haben sie maximal ein Auge, spielen ist deutlich spannender als Fußballgucken.
Partystimmung auch ohne Trubel
Im Nordosten Brasiliens, im kleinen Dorf Santo André, dort, wo die deutsche Nationalmannschaft gastiert, jubeln sie in der kleinen "Bar do Jorjas" ausgelassen über Neymars Tore. Luiz (oben links) ist begeistert: "Die WM ist wichtig für Brasilien, sie gehört uns allen." Der Tag endet mit einem Sieg für Brasilien. Das Anfeuern hat sich gelohnt.