Zwischenbilanz der Wiederaufbauhilfe aus Deutschland
21. Mai 2005Die 500 Millionen Euro, die die Bundesregierung zum Wiederaufbau der von der Flutwelle zerstörten Gebiete in Aussicht gestellt hatte, waren bisher nicht mehr als ein leeres Versprechen. Es gab noch keine konkreten Projekte und folglich keine Zahlungen.
Mehr als fünf Monate nach der Tsunami-Katastrophe in Südasien kommt nun endlich etwas Bewegung in die Aufbauhilfe der Bundesregierung. Für das Jahr 2005 sind 125 Millionen Euro freigegeben und im Bundeshalt eingeplant. Davon sind 85 Millionen ausgezahlt worden, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Mittwoch (18.5.2005) in Berlin.
Grünes Licht für Frühwarnsystem
Mit diesem Geld soll unter anderem ein Tsunami-Frühwarnsystem im pazifischen Ozean finanziert werden. Deutschland ist hier führender Partner. Das deutsche Forschungsschiff "Sonne" wird im Oktober 2005 die ersten satellitengestützten Messbojen und Ozeanbodendrucksensoren vor Indonesien aussetzen. Das kündigte Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn an, nachdem das Kabinett das Vorhaben bewilligt hatte.
Verteilungskampf um Hilfsgelder
Entwicklungshilfeorganisationen haben die Verteilung der Tsunami-Mittel kritisiert. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Nichtregierungsorganisationen (NGO) nur 25 Millionen Euro von den insgesamt 500 Millionen erhalten sollten, sagte Reinhard Hermle, Vorsitzender des Verbandes für Nichtregierungsorganisationen (VENRO), am Donnerstag (19.5.2005) in Bonn. Er forderte, den Beschluss des Haushaltsausschusses zu korrigieren, da die Aufteilung des Geldes nicht die zentrale Rolle von nicht-staatlichen Akteuren bei der Bewältigung der Folgen der Flutkatastrophe berücksichtige. NGOs seien wegen innenpolitischer Spannungen in den Krisengebieten oft besser in der Lage, die Gelder unparteiisch zu verteilen. Sie seien näher an den Menschen. Dadurch sei die Gefahr geringer, dass Hilfszahlungen in staatlichen Apparaten versickerten, betonte Hermle.
Zwischenbilanz des Deutschen Roten Kreuz
Nicht nur die Bundesregierung zog eine erste Zwischenbilanz ihrer Hilfsprojekte, sondern auch Rudolf Seiters, der Präsident des Deutschen Roten Kreuz (DRK). In Deutschland haben die Menschen 107 Millionen Euro an die DRK-Tsunami-Hilfe gespendet. Noch nie ist eine so große Summe bei einer Spendenaktion des Deutschen Roten Kreuzes zusammengekommen.
Verwaltung der Spendenmasse
Bisher hat die Soforthilfe des DRK 23,8 Millionen Euro der Spendenzahlungen verbraucht. Mit diesem Geld wurde die medizinische Erstversorgung der Flutopfer ermöglicht. Außerdem konnten Wasseraufbereitungsanlagen in den Krisengebieten installiert werden. 120.000 Liter gereinigtes Wasser stellt eine Anlage pro Tag bereit.
Mit den restlichen Spendengeldern geht das Rote Kreuz ihrem zweiten Aufgabengebiet nach: dem langfristigen Wiederaufbau. In Absprache mit dem Internationalen Roten Kreuz habe das DRK bisher 80 Millionen Euro in konkrete Projekte eingeplant - schwerpunktmäßig in die Region Aceh auf Sumatra, in Sri Lanka, Indonesien und auf den Malediven, sagte Rudolf Seiters in Bonn.
Bürokratische Hürden in betroffenen Ländern
Das Rote Kreuz genießt einen relativ großen Freiraum bei ihrer Arbeit. Dank seines besonderen Status, als neutrale international anerkannte Nichtregierungsorganisation, kann es auch in Regionen tätig sein, wo nationalen Hilfsprojekten der Zutritt erschwert oder gar verwehrt wird. In den von Tamilen-Rebellen kontrollierten Gebieten in Sri Lanka ist das Internationale Rote Kreuz beispielsweise aktiv. Nationale und internationale Hilfsmaßnahmen stocken dort unter anderem, da sich die srilankische Regierung bislang nicht mit der Tamilen Rebellenorganisation LTTE einigen konnte.
Doch trotz des völkerrechtlichen Mandats wird die Arbeit des Roten Kreuz behindert - durch bürokratische Hindernisse. Rudolf Seiters räumte ein, dass ein Großteil der bereitstehenden Summe noch nicht ausgegeben werden könne. "Erst müssen die örtlichen Behörden die Planung der Hilfsangebote bewilligen", sagte der DRK-Präsident. Das Rote Kreuz wartet zum Beispiel auf Baugenehmigungen, damit es endlich mit dem Bau von Waisenhäusern und Schulen beginnen kann. Das gilt ebenso für die Neuerrichtung von Brunnen, Latrinen und einer Blutbank in Aceh.