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Zwist in den eigenen Reihen

Kathrin Erdmann 15. Juni 2004

Ariel Scharon macht Druck: Der Rückzug Israels aus den 21 Siedlungen im Gazastreifen soll bis September 2005 abgeschlossen sein. Doch ist dieser einseitig beschlossene Weg der richtige zum Frieden?

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Das Nebeneinander von Israelis und Palästinensern ist nicht konfliktfreiBild: AP

Die Urheber der sogenannnten Genfer Initiative, die Ende 2003 einen inoffiziellen israelisch-palästinensischen Friedensplan vorgelegt hatten, bezweifeln, dass Scharons Plan der richtige ist. Grundsätzlich sind sich alle zur Zeit aktuellen Nahost-Friedenspläne und -Initiativen in einem Punkt einig: Ziel ist eine Zwei-Staaten-Lösung.

Eine solche wird in der sowohl in der "road map" des internationalen Nahost-Quartetts angestrebt also auch in der privaten Genfer Friedensinitiative und im Rückzugsplan von Ministerpräsident Ariel Scharon. Aber wie lang der Weg bis zum Erreichen dieses Ziels ist, ist derzeit nicht abzusehen. Debattiert wurde über den Weg kürzlich auf einer Nahost-Expertenkonferenz in Berlin (9.-10. Juni 2004), zu der hochrangige Vertreter beider Seiten eingeladen waren, ihre Positionen darzulegen.

Israels Kritik

Aus israelischer Sicht ist vor allem das Fehlen eines adäquaten Verhandlungspartners Schuld am schleppenden Friedensprozess. "Die, die in der derzeitigen palästinensischen Regierung Verhandlungspartner sein könnten, haben nichts zu sagen", schätzt Ehud Barak, früherer israelischer Ministerpräsident, die Lage ein. "Und deshalb ist Arafat für mich gegenwärtig das, was Milosevic auf dem Balkan oder Saddam Hussein im Irak waren", ergänzt er nicht eben zimperlich. Barak hatte vor vier Jahren in Camp David mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat ergebnislos verhandelt.

Kritik an Scharons Plänen

Jassir Abed Rabbo, Mitglied des PLO-Exekutiv-Komitees, ist gemeinsam mit dem früheren israelischen Justizminister Jossi Beilin Gründer der Genfer Initiative. Sie wurde Ende 2003 ins Leben gerufen und hat seitdem viel internationalen Zuspruch erhalten - wenn auch nicht von der Führung Israels und der Palästinenser. Im Vergleich zu allen anderen Abkommen ist die Genfer Initiative eine rein israelisch-palästinensische Idee und versteht sich als Fortsetzung der Verhandlungen von Camp David.

Jossi Beilin kritisiert den Abzugsplan von Ministerpräsident Scharon, weil er einseitig und ohne internationale Partner verfolgt werde. "Für solch' eine Vision wird er nie einen Partner finden. Und weil Scharon das wei, muss er jetzt allein handeln," erklärt Beilin. Mit möglicherweise verheerenden Folgen, denn ohne gefestigte Sicherheitsstrukturen im Gaza-Streifen könne es dort zu einem Ausbruch der Gewalt kommen. Oder die Hamas könnte das Ruder übernehmen, fürchtet Beilin.

Reformen angemahnt

Auch Hassan Nafa'a, Direktor an der politikwissenschaftlichen Fakultät in Kairo, sieht in den neuen Plänen Scharons nicht den friedlichen Weg zur Lösung des Konflikts. "Was Scharon will ist, die anderen Parteien inklusive der Palästinenser davon zu überzeugen oder gar dazu zwingen anzuerkennen, dass ein Palästinenserstaat innerhalb des Gaza-Streifens und mit 30 oder 40 Prozent des Westjordanlandes möglich ist", sagt Nafa'a. "Aber ich denke nicht, dass irgendein Palästinenser das anerkennen wird." Dagegen sieht US-Unterstaatssekretär David Satterfield den angekündigten israelischen Abzug aus dem Gaza-Streifen untrennbar mit tiefgreifenden palästinensischen Reformbemühungen verknüpft. Mehr noch: Solche Reformen seien Voraussetzung für einen erfolgreichen israelischen Abzug.