Gericht kippt Wahltermin in Ägypten
6. März 2013Präsident Mohammed Mursi hatte als Termin für den Beginn der Parlamentswahl den 22. April angesetzt. Die Abstimmung sollte dann in fünf Provinzen beginnen und sich in vier Etappen bis in den Juni hinziehen. Die erste Sitzung des neuen Parlaments war für den 2. Juli geplant. Derzeit sieht es so aus, als sei dieser Zeitplan hinfällig. Das Verwaltungsgericht in Kairo monierte am Mittwoch einen Artikel des Wahlgesetzes und ordnete eine Überprüfung des Gesetzes durch das Verfassungsgericht an.
Der Rechtsberater Mursis kündigte an, die Aufrufe zur Wahl am 22. April würden gestoppt. "Wir sind ein demokratisches System, das die Gesetze respektiert", sagte er. Er stellte in Aussicht, die Regierung werde Berufung gegen den Gerichtsbeschluss einlegen.
Beobachter gehen davon aus, dass die Gerichtsentscheidung die politischen Spannungen im Land anheizen wird. Die wichtigste Oppositionsgruppe, die Nationale Heilsfront, hatte bereits einen Boykott der Abstimmung angekündigt. Die Gruppe beklagte unter anderem, dass es keine Garantie für einen transparenten Ablauf der Wahlen gebe. Die Opposition lehnte zudem den Wahltermin im April mit der Begründung ab, es gebe nach wie vor Unruhen im Land. Sie strebt eine "neutrale" Regierung an und fordert konkrete Schritte hin zu einer unabhängigen Justiz. Nur die islamistischen Parteien und einige säkulare kleiner Parteien bereiten sich schon auf den Wahlkampf vor.
Keine Entspannung in Sicht
Ägypten steckt derzeit in einer tiefen politischen Krise. Immer wieder gibt es teils gewalttätige Proteste gegen den islamistischen Präsidenten Mursi. Am Mittwoch gab es wie in den Tagen zuvor Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in der Hafenstadt Port Said. Regierungsgegner warfen Steine auf Polizisten, die mit Tränengas gegen die Menge vorgingen. In dem Viertel, in dem Demonstranten seit Wochen ausharren, entfernten Militärpolizisten die Zelte der Oppositionsbewegung. Bei Zusammenstößen in den vergangenen drei Tagen wurden sechs Menschen getötet, unter ihnen drei Polizisten. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden dabei seit Dienstag etwa 470 Menschen verletzt.
Derweil wurde der ehemalige ägyptische Stahlmagnat Ahmed Ess wegen illegaler Bereicherung und Veruntreuung staatlicher Gelder zu 37 Jahren Haft verurteilt. Die unterschlagenen Gelder hätten sich auf eine Summe von fünf Milliarden Pfund (572 Millionen Euro) belaufen, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Mena. Ess gilt als enger Vertrauter des Sohns von Ex-Präsident Husni Mubarak, Gamal Mubarak, und war nach dem Sturz des Staatschefs vor zwei Jahren festgenommen worden. 2011 wurde er bereits wegen Korruption zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Seit der Revolution und dem Sturz Mubaraks Anfang 2011 wurden bereits gegen zahlreiche Mitglieder und Vertraute der früheren Regierung Ermittlungen aufgenommen und Prozesse geführt. Mubarak selbst wurde 2012 im Zusammenhang mit dem Tod von mehr als 800 Demonstranten während der Revolte zu lebenslanger Haft verurteilt. Am 13. April wird der Prozess jedoch neu aufgerollt.
kle/wl (dpa, afp, apd)