Ägyptens Präsident erhält noch mehr Macht
16. April 2019Die Abgeordneten votierten dafür, Al-Sisis derzeitiges Mandat um zwei Jahre auf sechs Jahre zu verlängern, wie die Staatsmedien melden. Anschließend könne sich der Präsident um eine weitere sechsjährige Amtszeit bewerben. Dabei hatte Al-Sisi noch 2017 in einem Interview beteuert, keine dritte Amtszeit anzustreben und eine Verfassungsänderung ausgeschlossen.
Der Antrag auf die Verfassungsänderung war von seinen Gefolgsleuten ins Parlament eingebracht worden, in dem diese die Mehrheit haben. Der Präsident erhält nun auch das Recht, hohe Ämter im Justizwesen zu besetzen.
Er sitzt künftig einem Hohen Justizrat vor und ernennt den Generalstaatsanwalt sowie den Vorsitzenden des Obersten Verfassungsgerichts. Auch die Rolle des ohnehin schon einflussreichen Militärs wird gestärkt. Die Armee erhält künftig die Aufgabe, "die Verfassung und die Demokratie zu schützen".
Ohne Gegenwind
Nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi im Juli 2013 übernahm Al-Sisi die Macht in Ägypten. Er wurde 2014 erstmals zum Präsidenten gewählt. Vor einem Jahr wurde er in einer gelenkten Abstimmung im Amt bestätigt. Alle potenziell gefährlichen Gegenkandidaten hatte die Führung des Landes schon vor der Abstimmung ausgeschaltet. Der Vorgang war international heftig kritisiert worden.
Viele Ägypter sehen in dem Ex-General den "starken Mann", der das Chaos nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Husni Mubarak im Jahr 2011 beendete. Menschenrechtler werfen ihm aber vor, dass seine Herrschaft mittlerweile repressiver sei als die von Mubarak. Zehntausende sitzen aus politischen Gründen in Haft. Pressefreiheit und Demonstrationsrecht sind massiv eingeschränkt.
Militär über der Verfassung
Die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik kommt in einer Analyse zu dem Schluss, "die heute schon allmächtigen Streitkräfte" stünden mit den Verfassungsänderungen "auch formal über der Verfassung". So grassiert in Ägypten die Sorge, die Militärs könnten jetzt noch leichter eingreifen, wenn etwas gegen ihren Willen geht.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International warnt zugleich, Zivilisten würden möglicherweise noch häufiger vor Militärgerichten landen. Die Staatsführung habe nun freie Hand, "ihre Macht weiter zu missbrauchen und friedliche Proteste auf Jahre zu unterbinden".
Über die Änderungen muss in den nächsten Wochen auch noch offiziell in einem Referendum abgestimmt werden. Ein Ja der Wähler gilt als sicher. Doch Beobachter erwarten keine freie Abstimmung. Schon während der Debatte über die Verfassungsänderungen im Parlament seien kritische Abgeordnete "Schmutzkampagnen" ausgesetzt gewesen, gibt die Stiftung Wissenschaft und Politik zu bedenken.
uh/fab (dpa, afp)