Wieder Christen in Libyen entführt
4. Januar 2015Insgesamt ägyptische 20 Kopten seien in den vergangenen Tagen in der Küstenstadt Sirte entführt worden, verlautete aus Kreisen der international anerkannten libyschen Regierung. Verantwortlich sei die Gruppe Ansar al-Scharia.
Wie der Regierungsvertreter erklärte, wurden allein am Samstag 13 Kopten in Sirte entführt. Die anderen seien in den vorangegangenen Tagen verschleppt worden. Genauere Angaben zur Identität der Ägypter wurden nicht gemacht.
Nicht der erste Vorfall
Erst am Tag vor Heiligabend hatten Bewaffnete in der Stadt ein koptisches Ärztepaar aus Ägypten getötet und deren 13-jährige Tochter entführt. Drei Tage später wurde das Mädchen tot aufgefunden. Die Behörden vermuteten einen religiösen Hintergrund der Tat, da aus dem Haus der Familie nichts gestohlen wurde. Die christliche Minderheit in dem nordafrikanischen Land lebt vermehrt in Angst.
Sirte, das rund 500 Kilometer östlich der libyschen Hauptstadt Tripolis liegt, befindet sich in der Hand radikalislamischer Milizen, darunter Ansar al-Scharia. In den vergangenen Jahren wurden in dem nordafrikanischen Land bereits häufiger koptische Christen getötet. Im Februar 2014 wurden nahe der östlichen Stadt Bengasi die Leichen von sieben getöteten Kopten entdeckt. In Libyen leben tausende Ägypter. Sie arbeiten im Nachbarland vor allem im Bau- und Handwerksektor.
Zwei Regierungen und ein Chaos
Bei einem Angriff islamistischer Kämpfer in der Stadt Soknah, 180 Kilometer südöstlich von Tripolis, wurden am Samstag nach Angaben aus Regierungskreisen 15 Soldaten getötet. Einige der Soldaten seien erschossen, andere geköpft worden. Die Angreifer hätten erklärt, sie seien mit der Dschihadistengruppe Islamischer Staat (IS) verbündet, die im Irak und in Syrien für die Errichtung eines eigenen Staates kämpft.
Seitdem der langjährige Machthaber al-Gaddafi im Jahr 2011 gestürzt und getötet wurde, kommt das Land nicht zur Ruhe. Die Islamisten-Miliz Fadschr Libya (Morgendämmerung Libyens) kontrolliert mittlerweile große Teil der Hauptstadt Tripolis und hat dort eine Parallelregierung unter Führung des islamistischen Politikers Omar al-Hassi eingesetzt. Die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Abdullah al-Thani und das Parlament sind nach Tobruk im äußersten Osten des Landes geflüchtet.
Am Montag sollen unter Vermittlung der Vereinten Nationen Gespräche über eine Beendigung der Gewalt in Libyen beginnen. Nach Angaben eines UN-Diplomaten soll dabei über eine Waffenruhe, den Rückzug der Milizen sowie deren Entwaffnung verhandelt werden.
gmf/SC (afp, rtr)