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27 Häftlinge sterben bei Revolte in Brasilien

15. Januar 2017

Die katastrophalen Zustände im brasilianischen Strafvollzug haben erneut viele Menschen das Leben gekostet. Diesmal wurde ein Gefängnis im Nordosten des Landes zum Schauplatz brutaler Machtkämpfe.

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Aufruhr in Gefängnis in Brasilien
Bild: picture-alliance/dpa/F. Marcone

Zu den heftigen Revierkämpfen zwischen verfeindeten Banden war es offenbar gekommen, nachdem Gangmitglieder am Samstag in den Bereich einer anderen Bande eingedrungen waren. Die Militärpolizei stürmte tags darauf die Haftanstalt Alcaçuz und entdeckte die Toten. Nach Medienberichten wurden bei den Kämpfen zwischen der Gang Primeiro Comando da Capital und dem Sindicato do Norte mindestens drei Menschen enthauptet. "Wir konnten ihre Köpfe sehen", sagte Zemilton Silva von der Gefängnisverwaltung des Bundesstaats. Ein Hubschrauber kreiste über dem Gelände im Nordosten des Landes. Blendgranaten wurden gezündet und schwer bewaffnete Beamte rückten in das Gefängnis ein. Auf Fotos (siehe oben) ist zu sehen, wie die Spezialkräfte die Häftlinge nackt in einer Reihe aufstellten und kontrollierten.

14 Stunden lang tobten die Auseinandersetzungen, bis das Ministerium für öffentliche Sicherheit im Bundesstaat Rio Grande do Norte bekannt geben konnte, dass das Gefängnis wieder unter Kontrolle der Sicherheitskräfte sei. Kein Häftling sei aus der Strafanstalt nahe Natal, der Hauptstadt des Bundesstaats, entkommen. Das Alcaçuz-Gefängnis hat 620 Plätze und ist mit derzeit 1083 Insassen hoffnungslos überbelegt.

Die Kämpfe zwischen den Gefangenen wurden offenbar von Gangmitgliedern außerhalb der Haftanstalt unterstützt. Kurz zuvor hätten sich Männer in einem Auto dem Gefängnis genähert und Waffen über die Mauer geworfen, sagte die Präsidentin der Gewerkschaft der Justizvollzugsbeamten, Vilma Batista, der Zeitung "O Globo". Primeiro Comando da Capital ist die größte kriminelle Organisation des Landes und hat ihre Hochburg in der Millionenmetropole São Paulo. Das Sindicato do Norte kämpft um die Kontrolle des Drogenhandels im Nordosten des Landes.

Schon mehr als hundert tote Häftlinge – in diesem Jahr!

In den zwei Wochen seit Anfang dieses Jahres kamen bei Kämpfen in brasilianischen Gefängnissen schon mehr als 100 Menschen ums Leben. Kriminelle Banden ringen um die Kontrolle des Drogenhandels. Zudem sind die Haftanstalten extrem überfüllt. Nach Angaben des Justizministeriums sitzen 622.000 Häftlinge in Gefängnissen mit einer Gesamtkapazität von nur 372.000 Plätzen ein. "Das System ist schon lange überlastet. Das Problem hat sich mit jeder Regierung verschärft", sagte Justizminister Alexandre de Moraes im Fernsehen. Staatspräsident Michel Temer rief die Sicherheits- und Justizminister der Bundesstaaten für Dienstag zu einer Krisensitzung zusammen.

In den vergangenen zehn Jahren stieg die Zahl der Häftlinge in Brasilien nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) um 85 Prozent. Vor allem die restriktive Drogenpolitik mit Freiheitsstrafen selbst für Konsumenten habe die Zahl der Gefangenen derart in die Höhe schnellen lassen. "Das Problem der Überbelegung ist sehr schwerwiegend", sagte die HRW-Chefin in Brasilien, Maria Laura Canineu. Nach den USA, China und Russland ist Brasilien das Land mit der höchsten Zahl an Gefangenen weltweit. Die Haftbedingungen beschreibt HRW als "mittelalterlich".

rb/cw (afp, ap, dpa)