38 internationale Kinderporno-Ringe gesprengt
26. September 2003Weltweit sind 26.500 tatverdächtige Internet-User in 166 Staaten, darunter auch USA und Australien, von den Ermittlungen betroffen. Das gaben die Justiz- und Innenministerien von Sachsen-Anhalt am Freitag (26.9.2003) in Magdeburg auf einer Pressekonferenz bekannt. In Deutschland stehen 530 mutmaßliche Täter im Verdacht, kinderpornografisches Material zu besitzen oder verbreitet zu haben. Rund die Hälfte von ihnen hat den Angaben zufolge bereits Geständnisse abgelegt.
In dieser Woche wurden in allen Bundesländern insgesamt 502 Privatwohnungen und Geschäftsräume durchsucht. Dabei wurden 745 Computer, mindestens 35.500 CDs, 8.300 Disketten sowie 5.800 Videos beschlagnahmt. An der Aktion waren bundesweit insgesamt 1.500 Beamte von Polizei und Staatsanwaltschaft beteiligt. Das Justizministerium sprach von "teilweise hochgradig pädophilen Tätern", von denen ein großer Teil bereits einschlägig polizeilich bekannt sei.
Internationales Netzwerk
Alle gesellschaftlichen Schichten seien betroffen, auch zahlreiche Lehrer, Erzieher, Trainer in Sportvereinen und sogar ein Pfarrer, der in der Jugendarbeit tätig war. Sachsen-Anhalts Justizminister Curt Becker lobte die Arbeit der Ermittlungsbehörden: "Damit wurde eines der größten international tätigen Netzwerke zerschlagen."
Nach Beckers Worten wird geprüft, ob die überführten Täter nach Paragraf 184, Absatz vier, des Strafgesetzbuches wegen bandenmäßiger Verbreitung von Kinderpornografie angeklagt werden. In diesem Fall drohe ihnen ein Strafmaß von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsentzug. "Jeder Fall von Kinderpornografie ist die Abbildung des sexuellen Missbrauchs eines Kindes; jeder Klick tötet eine Kinderseele", sagte der Minister. Die bloße Verbreitung von Kinderpornografie wird mit drei Monaten bis fünf Jahren Haft geahndet.
Immer jünger, immer härter
Der CDU-Politiker Becker sprach sich für eine deutliche Verschärfung des Strafrahmens aus und kündigte Unterstützung für Initiativen auf Bundesebene an. Er beklagte, dass die Kinder immer jünger und die Sexualpraktiken immer gewalttätiger würden.
Landesinnenminister Klaus Jeziorsky erklärte, der Markt der Kinderpornografie wachse: "Millionenbeträge werden umgesetzt und der erhoffte finanzielle Gewinn lässt die letzten Hemmschwellen fallen."
Auslöser der seit einem Jahr andauernden Ermittlungen war eine Anzeige des Verbands der deutschen Internetwirtschaft von Mai 2002 gegen den aus Magdeburg stammenden Gründer eines geschlossenen kinderpornografischen Zirkels, Marcel K. Im Juli 2002 durchsuchte die Polizei seine Wohnungen in Magdeburg und Schartau (Kreis Jerichower Land) und beschlagnahmte eine Rechneranlage und zahlreiche CD-ROMs.
Provider Microsoft
Durch Beschluss des Amtsgerichts Halle-Saalkreis wurde ein internationaler Provider verpflichtet, die vorhandenen Protokolldatensätze der Kinderpornozirkel zu sichern und zu übermitteln. Am 17. Oktober 2002 wurden durch den Provider 26.500 Bilddateien, 38.000 E-Mail-Adressen und 12 Giga-Bite Protokolldateien (14 Millionen Einträge) den Strafverfolgungsbehörden übergeben. Laut "Augsburger Allgemeine" handelt es sich bei dem Provider um Microsoft. Das Unternehmen habe bereits Konsequenzen angekündigt und am Donnerstag die Schließung aller Chatbereiche beschlossen, hieß es.
Der ermittelnde Oberstaatsanwalt Peter Vogt sprach von einer "erschreckenden Dimension" und "unvorstellbaren Perversionen und Grausamkeiten", die die Ermittler auf den beschlagnahmten Bildern gefunden hätten. (mas)