52 Palästinenser bei Unruhen im Gazastreifen getötet
14. Mai 2018Mindestens 52 Palästinenser wurden nach Angaben des örtlichen Gesundheitsministeriums im Gazastreifen bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten an der Grenze getötet. Unter den Toten sei auch ein 14-jähriger Junge. Hunderte Menschen seien nach demnach verletzt, rund 450 durch Schüsse israelischer Soldaten. Drei Palästinenser wurden nach Angaben der israelischen Armee bei dem Versuch getötet, an der Grenze einen Sprengsatz zu legen.
Tausende Palästinenser im Gazastreifen protestierten an fünf Orten entlang der Grenze zu Israel, einige Gruppen näherten sich Steine werfend dem Grenzzaun. Nach Berichten von Augenzeugen versuchten mehrere Männer, den Grenzzaun zu Israel zu durchschneiden. Jugendliche verbrannten zudem Reifen auf Kreuzungen von Hauptstraßen als Protest gegen die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem, dichter schwarzer Rauch stieg in den Himmel.
Auch in Ramallah im Westjordanland nahmen rund 5000 Palästinenser an einem Protestmarsch teil. Sie trugen palästinensische und schwarze Flaggen sowie Schlüssel. Damit wiesen sie auf ihre Forderung nach einer Rückkehr in die Gebiete hin, aus denen 1948 im Zuge der israelischen Staatsgründung Hunderttausende Palästinenser flohen oder vertrieben wurden. Demonstranten verbrannten zudem eine US-Flagge.
Flugblätter der Armee, Generalstreik der Gaza-Bewohner
An der Gaza-Grenze werden an diesem Montag bis zu eine Million Demonstranten erwartet. Israels Armee hat die Zahl ihrer Soldaten an der Grenze verdoppelt. Vor dem Massenprotest hatte die israelische Armee Flugblätter über dem Palästinensergebiet am Mittelmeer abgeworfen. Darin würden die Einwohner auf Arabisch davor gewarnt, sich dem Grenzzaun zu Israel zu nähern, ihn zu beschädigen oder Anschläge zu verüben, teilte die israelische Armee mit.
Wegen eines Generalstreiks sind im Gazastreifen bereits Geschäfte, Schulen und die Universitäten geschlossen. Zu dem Streik hatten alle politischen Fraktionen in dem Küstengebiet aufgerufen, einschließlich der radikalislamischen Hamas. Busse sammelten Menschen von den Straßen auf, über Moschee-Lautsprecher wurde zur Teilnahme an den Massenprotesten aufgerufen.
Es folgt noch der Nakba-Tag
Die USA eröffnen am Nachmittag ihre Botschaft in Jerusalem. Präsident Donald Trump hatte im Dezember in einem international umstrittenen Schritt Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt. Es kam zu Unruhen in den Palästinensergebieten. Am Dienstag ist zudem Nakba-Tag, an dem die Palästinenser traditionell der Vertreibung und Flucht von Hunderttausenden während des ersten Nahost-Krieges 1948 gedenken. Der Tag jährt sich wie die Gründung des Staates Israel zum 70. Mal.
Trumps Anerkennung von Jerusalem als Israels Hauptstadt und den Umzug der Botschaft an diesem Datum bezeichnete der palästinensische Ministerpräsident Rami Hamdallah als "krasse Verstöße gegen internationales Recht und Missachtung der Grundwerte von Gerechtigkeit und Moral". "Einen tragischen Tag in der palästinensischen Geschichte zu wählen, beweist einen Mangel an Sensibilität und Respektlosigkeit für die Grundwerte des Friedensprozesses", sagte Hamdallah.
Netanjahu: Verlegung der US-Botschaft fördert Frieden
Dagegen rief Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Länder der Welt dazu auf, dem Beispiel der USA zu folgen. "Verlegt Eure Botschaften nach Jerusalem, weil es den Frieden voranbringt, und das deshalb, weil man Frieden nicht auf ein Fundament von Lügen aufbauen kann", sagte Netanjahu in Jerusalem. Er äußerte sich bei einem Empfang für die US-amerikanische Delegation. Die Wahrheit, auf der der Frieden aufgebaut sein müsse, sei, dass Jerusalem bei jedem vorstellbaren Friedensabkommen Hauptstadt Israels bleiben werde, so Netanjahu weiter. Es habe "einen Präsidenten Trump" gebraucht, "um diese einfache, grundlegende Wahrheit zu verkünden".
Die geplante Verlegung der US-Botschaft, die bislang wie alle anderen diplomatischen Vertretungen ihren Sitz in Tel Aviv hatte, hatte heftige Kritik in der Arabischen Welt und Unverständnis in vielen westlichen Staaten ausgelöst. Der endgültige Status Jerusalems solle erst im Rahmen einer Friedenslösung geklärt werden, so die internationale Position. Die Anerkennung Jerusalems als ungeteilte Hauptstadt Israels gilt als einseitiger Schritt.
Die Bundesregierung äußerte sich derweil besorgt über die jüngsten Entwicklungen im Nahost-Konflikt. Die Eröffnung der amerikanischen Botschaft in Jerusalem dürfe "kein Anlass sein für Gewalt", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Zugleich sei auch Israel verpflichtet, "das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu wahren".
ust/sti/stu (afp, dpa, kna)