Friedenspreis an afrikanische Initiativen
1. September 2015Dieudonné Nzapalainga und Kobine Layama strahlen Bescheidenheit aus, als sie den Aachener Friedenspreis 2015 entgegen nehmen - stellvertretend für all ihre Mitbürger in der Zentralafrikanischen Republik, "die an Frieden, an Versöhnung und an ein friedliches Zusammenleben glauben", sagt Erzbischof Nzapalainga. Der Imam Layama nickt und fügt hinzu: Der Friedenspreis sei ein motivierender, ermutigender Appell. Er zeige den Menschen in der Zentralafrikanischen Republik und in der Welt, dass auch mitten im Bürgerkrieg Engagement für den Frieden möglich sei.
Für Leila Vannahmes verkörpern die beiden Geistlichen Optimismus. Sie hatte bei einer Mitgliederversammlung des Vereins "Aachener Friedenspreis" Nzapalainga und Layama als Preisträger vorgeschlagen. Der Preis wird jährlich an Personen oder Gruppen verliehen, die sich "von unten her" für Frieden und Verständigung engagierten, und ist mit 1000 Euro dotiert.
Religion, die verbindet
Vannahme wollte "den Fokus hier in Deutschland auf Afrika lenken". Sie kennt Erzbischof Dieudonné Nzapalainga seit vielen Jahren und ist deshalb auch persönlich am Schicksal seines Landes interessiert. Ende 2012 eskalierten dort nach einem Putsch die Kämpfe zwischen zwei bewaffneten Milizen, der hauptsächlich muslimisch geprägten Seleka und den eher christlichen Anti-Balaka. Hunderttausende Zentralafrikaner flüchteten vor der Gewalt. Viele gingen ins Ausland, andere suchten Zuflucht in der Hauptstadt Bangui. Der Imam Layama flüchtete sich mit seiner Familie und weiteren zehntausend Binnenflüchtlingen auf das Territorium des Erzbischofs Nzapalainga, der ihnen somit das Leben rettete. Vannahme ist heute noch gerührt, wenn sie von der Freundschaft spricht, die die beiden Männer inzwischen verbindet.
Seine Rolle definiert Nzapalainga mit einem Exkurs in die Etymologie: "Das Wort 'Religion' leitet sich vom dem lateinischen Verb 'religare' ab, was 'verbinden' bedeutet. Und das Verbinden aller Zentralafrikaner ist unser Hauptanliegen." Zusammen mit dem Imam setzt er sich dafür ein, dass die Bürger des Landes sich versöhnen. "Die Verbrecher sollen ihre Opfer um Verzeihung bitten", sagt Layama. Erst dann könnten die Zentralafrikaner, die bald einen neuen Präsidenten wählen werden, wieder zuversichtlich in die Zukunft schauen.
Leila Vannahme vom Verein "Aachener Friedenspreis" würdigte das Engagement der beiden Geistlichen als "herausragendes Beispiel und ein Vorbild für andere Menschen".
Hilfe für Migranten in Marokko
Nzapalainga und Layama teilen sich den Preis mit einer Gruppe afrikanischer Studenten aus dem marokkanischen Oujda. Sie werden für ihr Engagement für illegale Migranten in Marokko geehrt. Drei der Studenten sind nach Aachen gereist, um den Preis persönlich entgegen zu nehmen.
Rakotonirina Mandimbihery Anjaralova aus Madagaskar ist einer von ihnen. Er beschreibt den Preis als eine wichtige Anerkennung für ihre ehrenamtliche Tätigkeit. Wie viele seiner afrikanischen Kommilitonen war er schockiert, als er feststellte, unter welchen Bedingungen die Migranten in Oujda überleben müssen. "Wir wohnen in derselben Stadt, wir laufen uns ständig über den Weg, da kann man nicht wegschauen", sagt der Tiefbaustudent. Er und seine Kommilitonen hätten das Privileg gehabt, dank Stipendien legal nach Marokko zu kommen, ergänzt Lumbela Azarias Zacarias aus Mosambik, der in Marokko in Völkerrecht promoviert. "Wir sehen selbst, wie schwer es ist, weit von Zuhause zu leben. Aber all diese Menschen mussten ihr Land verlassen. Es sind nicht nur Analphabeten, es sind auch Ärzte unter ihnen. Wir alle suchen nur das Glück."
In Marokko sind die Migranten oft Opfer von rassistischen Übergriffen und Polizeigewalt - das erleben die afrikanischen Studenten, die manches Mal selbst für Illegale gehalten werden, am eigenen Leib. "Das ist nicht menschlich, so mit Menschen umzugehen", sagt Zacarias. Er und seine Kommilitonen verteilen Essen, Zelte und Plastikplane für den harten Winter. Sie begleiten Migranten zum Arzt, wenn sie untersucht werden sollen. Diese Unterstützung wird vom marokkanischen Staat bloß geduldet, weil die Studenten mit der Kirche zusammenarbeiten. Marokkanern ist es untersagt, Migranten zu helfen. Der größte Wunsch der Studenten: Dass die neue afrikanische Generation Reformen in den Herkunftsländern vorantreibt, damit es keine Migranten in Not mehr gibt - und somit Initiativen wie die ihre überflüssig werden.