Abe und Trump testen Männerfreundschaft
17. April 2018Bei seinen zweitägigen Gesprächen am Dienstag und Mittwoch in Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Florida steht der japanische Regierungschef unter großem Druck. In Japan sind seine Umfragewerte auf den tiefsten Stand seiner mehr als fünfjährigen Regierungszeit gefallen, weil ständig neue Details zu zwei Fällen von möglicher Vetternwirtschaft zugunsten von politischen Freunden auftauchen. Über seinem Verbleiben im Amt stehen große Fragezeichen.
Zugleich ist Japan in den Beziehungen zu den USA auf zwei wichtigen Feldern in die Defensive geraten. Zuerst hatte Präsident Trump seine von Japan stets unterstützte harte Linie gegen Nordkorea plötzlich aufgegeben und einem persönlichen Treffen mit Führer Kim Jong-un zugestimmt. Japan befürchtet, dass seine Interessen dabei zu kurz kommen. Kurz darauf hatten die USA Strafzölle gegen Stahl- und Aluminium-Importe verhängt. Anders als die EU, Südkorea und andere Sicherheitspartner der USA wurde Japan davon jedoch nicht ausgenommen.
Ein Treffen "ohne Drehbuch"
Dieser doppelte Schlag kam für Abe überraschend: Seit der Präsidentenwahl hatte sich der japanische Regierungschef mehr als jeder andere ausländische Politiker um eine enge Freundschaft mit Trump bemüht. Fünf Mal haben sich die beiden getroffen und 20 Mal miteinander telefoniert. Von Abe gab es nie ein kritisches Wort zu Trump. Auf dem Golfplatz waren die beiden beste Kumpels.
Durch die Kehrtwenden von Trump soll Abe nach Informationen der Wirtschaftszeitung Nikkei etwas Vertrauen in die Beziehung zu Trump verloren haben. Abe erwarte in Florida ein "Alles-oder-Nichts"-Treffen, für das es kein Drehbuch gebe, berichtete das Blatt. Vergangene Woche spielte der Premierminister in mehreren stundenlangen "Studiensitzungen" mit Fachbeamten verschiedene Szenarien für seine Gespräche mit Trump durch.
Vordergründig steht Nordkorea ganz oben auf der Tagesordnung. Hier dürfte Abe Trump darin unterstützen, dass die Sanktionen vorerst aufrecht erhalten bleiben. Das dämpft jedoch nicht seine Sorge, dass Japan im Fall einer Verständigung zwischen Nordkorea und den USA isoliert zurückbleibt. "Als einziger Nachbarstaat ist Japan bei den diplomatischen Bewegungen für Dialog mit Nordkorea nicht mit dabei", beschrieb die liberale Zeitung Asahi die schwierige Situation von Abe. Daher will der Premier Trump darum bitten, dass er bei seinem Treffen mit Kim nach dem Verbleib von Japanern fragt, die vor Jahrzehnten nach Nordkorea entführt wurden. Diese Bitte will Trump wohl erfüllen.
Harte Töne beim Thema Handel
Dagegen stellt sich Abe beim Handel, dem zweiten großen Gesprächsthema, auf harte Töne ein. Am Donnerstag hatte Trump in einem Tweet, wonach Japan die USA "im Handel seit Jahren hart trifft", die Notwendigkeit von japanischen Zugeständnissen bekräftigt. Am nächsten Tag setzte das Finanzministerium in Washington Japan auf eine Beobachtungsliste für Staaten mit "unfairen Währungspraktiken" und kritisierte das anhaltend große US-Handelsdefizit mit Japan. Daher dürften Handel und Währung beim Abe-Trump-Treffen eine wichtige Rolle spielen, zumal die US-Agrarlobby auf stärkeren Zugang zum japanischen Markt drängt.
Mit Rücksicht auf Wähler in US-Bundesstaaten mit viel Landwirtschaft hatte Präsident Trump vergangene Woche erneut bekräftigt, die Vereinigten Staaten könnten zur Trans-Pazifik Partnership (TPP), dem Freihandelsvertrag der Pazifikanrainerstaaten, zurückkehren, sollte es eine "substanzielle Verbesserung" für die USA geben. Darauf hat Japan bisher zurückhaltend reagiert, da man dafür weitere Konzessionen bei Quoten und Zöllen machen müsste.
Japan wie Südkorea?
Stattdessen will Abe Trump offenbar mehr japanische Direktinvestitionen in den USA versprechen und ein neues Format für Handelsgespräche vorschlagen. Zugleich möchte der Regierungschef auf die Aufhebung der Strafzölle für Stahl- und Aluminium-Importe drängen. Doch Trump strebt nach Ansicht von US-Presseberichten wohl eher eine Verbindung zwischen Strafzöllen und einem Handelsabkommen an. Das Vorbild liefert das Einknicken von Südkorea. Vor wenigen Wochen versprach die Regierung in Seoul, mehr US-Autos ins Land zu lassen und weniger Stahl in die USA zu exportieren. Dafür wurde es von den Strafzöllen ausgenommen.
Japans Finanzminister Taro Aso lehnte ein bilaterales Handelsabkommen mit den USA vor kurzem offen ab, nachdem er in mehreren Gesprächsrunden mit US-Vizepräsident Michael Pence bislang auf Zeit gespielt hatte. Damit befindet sich Abe in Florida in einer schwierigen Position, weil er weder neue TPP-Verhandlungen noch bilaterale Verhandlungen akzeptieren möchte. "Daher wird Japan eher die Strafzölle akzeptieren als bilaterale Freihandelsgespräche zu beginnen", meinte Tobias Harris, Japan-Analyst der Beratungsfirma Teneo Intelligence, auf Twitter.