Abschied von Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble
5. Januar 2024"Was für eine Lebensleistung. Was für ein politisches Leben", sagte der amtierende CDU-Vorsitzende Friedrich Merz vor mehreren Hundert Gästen in der Evangelischen Stadtkirche in Schäubles Heimatstadt Offenburg in Baden-Württemberg. "Wolfgang: Du hast Großes geleistet - und es ist gut geworden", rief er dem Verstorbenen hinterher.
Der Unionsfraktionschef hob die Rolle Wolfgang Schäubles bei der deutschen Wiedervereinigung sowie bei der Entscheidung für Berlin als neue Hauptstadt hervor. Außerdem würdigte Merz das Engagement des früheren Bundesfinanzministers für Europa. Unter anderem habe er mit seinem Krisenmanagement in der Staatsschuldenkrise den Euro gerettet,
Schäuble habe Entscheidungen getroffen und "dabei tiefe Spuren hinterlassen". Er bleibe "vielen von uns ein Vorbild" und reihe sich ein "in die erste Reihe der nicht allzu großen Zahl der deutschen Nachkriegspolitiker, die im wahrsten Sinne des Wortes unsere 'Geschichte geschrieben' haben".
Bodenständig und ein "Herzenseuropäer"
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann nannte Schäuble in seiner Rede einen "großen Sohn unseres Landes", einen "leidenschaftlichen Demokraten" und einen "Herzenseuropäer". Deutschland verliere mit Schäuble eine "ganz große politische Persönlichkeit", betonte der Grünen-Politiker.
An dem Trauergottesdienst nahmen neben Schäubles Familie, Merz und Kretschmann auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sowie eine Reihe weiterer CDU-Politiker teil.
Die badische Landesbischöfin Heike Springhart nannte Schäuble in ihrer Ansprache einen "bodenständigen Schwarzwälder" und "weitsichtigen Europäer". Mit Blick auf das Attentat auf ihn im Jahr 1990, nach dem Schäuble auf den Rollstuhl angewiesen war, sagte sie, er habe "sich selbst und uns allen gezeigt, was möglich ist und welche Kraft im verletzlichen Leben liegt". Schäuble habe aus einer Kraft gelebt, "die größer war als er selbst", sagte sie mit Blick auf seinen Glauben.
Beisetzung im engen Familienkreis
Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war bei dem Trauergottesdienst nicht zugegen. Wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilte, will sie aber an dem für den 22. Januar geplanten Staatsakt für Schäuble in Berlin im Bundestag teilnehmen. "Ihre Gedanken begleiten Familie Schäuble auch bei der derzeit stattfindenden Trauerfeier in Offenburg", hieß es.
Nach dem Trauergottesdienst wurde der Sarg auch mit militärischen Ehren durch die Stadt getragen. Schäuble wurde dann auf dem zentral gelegenen Waldbachfriedhof im engen Familienkreis beigesetzt. Das Grab wurde anschließend auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Schäuble war am zweiten Weihnachtstag im Alter von 81 Jahren in Offenburg gestorben. Der gebürtige Freiburger war unter anderem Bundesinnenminister und Bundesfinanzminister, Unionsfraktionschef und Parteivorsitzender der CDU. Von 2017 bis 2021 war er Präsident des Deutschen Bundestags, dem er 51 Jahre ununterbrochen angehörte.
gri/pg (afp, dpa, epd)