Druck auf Deutsche
7. Februar 2008Der Druck auf Deutschland und andere NATO-Verbündete nimmt zu, mehr Truppen ohne Einsatzbeschränkungen nach Afghanistan zu schicken. Der afghanische Verteidigungsminister Abdul Rahmin Wardak sagte vor einem Treffen mit den NATO-Verteidigungsministern in Vilnius in seinem Land würden mehr Soldaten gebraucht, um aufständische Islamisten und Taliban-Rebellen zu bekämpfen.
Außerdem sollten alle über das gleiche Mandat verfügen, also in jedem Landesteil eingesetzt werden können. Die militärische Führung der Allianz spricht von 7500 Soldaten, die zusätzlich zu den 43.000 benötigt werden, die bereits am Hindukusch stationiert sind. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer: "Wir brauchen mehr Truppen in Afghanistan. Darüber reden wir normalerweise nicht öffentlich. Das kann ich hier noch einmal wiederholen.“
In den letzten Tagen hatten kanadische und US-amerikanische Politiker öffentlich mehr Truppen auch aus Deutschland für Kampfeinsätze gefordert. Die Bundesregierung hat die Forderungen zurückgewiesen. Verteidigungsminister Franz Josef Jung will lediglich 250 Bundeswehrsoldaten für eine schnelle Eingreiftruppe bereitstellen, die ein norwegisches Kontingent ablösen sollen. Die deutschen Soldaten sind hauptsächlich im Norden Afghanistans für die Sicherung des Wiederaufbaus eingesetzt. Verteidigungsminister Jung möchte das auch so lassen: "Wir haben mit der NATO eine regionale Aufteilung abgesprochen, die aus meiner Sicht sehr klug ist. Sie wissen, dass wir mit fast 4000 Soldaten im Norden Afghanistans unseren Auftrag erfüllen.“
NATO-Generalsekretär: Deutsche machen gute Arbeit
Briten, Dänen und Niederländer im Süden haben höhere Verluste zu beklagen. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sieht die deutschen Sachzwänge. Innerhalb der Regierungskoalition aus Konservativen und Sozialdemokraten wären Kampfeinsätze im Süden Afghanistans nicht durchzusetzen: "Ich glaube, die Deutschen machen sehr gute Arbeit in Afghanistan", sagte Jaap de Hoop Scheffer. "Ich bin Realist. Ich weiß, dass der Bundestag in Deutschland einige Beschränkungen möchte. Ich möchte natürlich sehen, dass es maximale Flexibilität in Afghanistan gibt für alle Alliierten.“
Trotz der markigen Kritik von US-Verteidigungsminister Robert Gates an der deutschen Haltung glaubt Verteidigungsminister Franz Josef Jung nicht, dass es zu einer Spaltung des Bündnisses kommen wird.
Die NATO ringt um den künftigen Kurs
Die 26 NATO-Verteidigungsminister und Minister aus den übrigen Truppensteller-Staaten für die Afghanistan-Truppe wollen im achten Jahr des Einsatzes eine Bilanz ziehen und die Strategie für die nächsten Jahre festlegen. Nach Meinung von NATO-Diplomaten wird es keine wesentliche Ausweitung der Operation geben, auch wenn das viele Militärs befürworten. Ein Ende der Mission ist ebenfalls nicht absehbar. Einige Jahre werde die Truppenpräsenz im Afghanistan wohl noch nötig sein, heißt es bei der NATO. Wieder einmal werden die Verteidigungsminister vereinbaren, die afghanische Armee schneller und effizienter aufzubauen, damit diese mehr Aufgaben bei der Bekämpfung der Taliban übernehmen kann.
Die Zusammenarbeit mit zivilen Hilfsorganisationen, den Vereinten Nationen und der Europäischen Union soll verbessert werden, um den Aufbau der Wirtschaft, des Bildungswesens und der staatlichen Institutionen voran zu treiben. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer erinnert gerne daran, dass es im Kern ja auch darum geht, den Terrorismus und die Al-Kaida-Organisation von Osama bin Laden zu bekämpfen, der immer noch nicht gefasst ist. Terrorismus-Experten vermuten Osama bin Laden aber längst nicht mehr in Afghanistan, sondern in Stammesregionen Pakistans, die von der Regierung in Islamabad nicht kontrolliert werden.