Unterstützung für Ai Wei Wei
24. November 2011Neue Schikane gegen Ai Weiwei: Nun ermitteln die Behörden gegen den chinesischen Künstler und Regimekritiker wegen Pornografie. Stein des Anstoßes ist ein Foto, dass Ai Weiwei schon vor mehreren Monaten im Internet veröffentlicht hatte. Das Bild mit dem Titel "Ein Tiger und acht Brüste" zeigt den Künstler zusammen mit vier Frauen nackt.
Ai Weiweis Mitarbeiter Zhao Zhao hat das Foto gemacht. Er wurde vergangene Woche völlig unerwartet von den Pekinger Sicherheitsbehörden zu einem Verhör vorgeladen. "Sie haben mich gefragt, ob ich das Bild 'Ein Tiger und acht Brüste' gemacht habe. Ich sagte, ja, habe ich. Sie sagten, das ist ein obszönes Bild und ich fragte, wo ist dieses Bild bitteschön obszön?" Die Beamten erklärten Zhao, sie würden die Sache untersuchen.
"Sie fragten mich, wo das Bild gemacht und auf welcher Internetseite es veröffentlicht worden sei. Sie wollen in den nächsten Tagen wieder mit mir in Kontakt treten. Der Befehl zur Untersuchung sei von ganz oben gekommen."
Ausziehen für die Freiheit
Als Reaktion auf die Ermittlungen und aus Solidarität zu Ai Weiwei haben zahlreiche Unterstützer des Künstlers Nacktfotos von sich im Internet veröffentlicht. Auf dem Blog "Ai Weiwei Fans' Nudity" allein präsentieren sich über 100 Unterstützer Ais nackt. "Hör zu, Chinesische Regierung: Nacktheit ist keine Pornographie", steht dort neben der Überschrift.
Auch auf dem Blog "Love Ai Weiwei" und bei Twitter posten zahlreiche Fans des Künstlers Nacktfotos. Einige zeigen sich selbst sehr freizügig, andere verdecken mit dem chinesischen Schriftzeichen für Liebe, das "Ai" ausgesprochen wird, die intimsten Stellen. Andere Ai Weiwei-Unterstützer haben Baby-Fotos gepostet, wieder andere zeigen sich in der Pose des berühmten "Denkers" von Rodin oder als Michelangelos "David". Einige recken den Mittelfinger in die Kamera oder zeigen einfach nur ein entblößtes Hinterteil in Großaufnahme.
Ai: "Vorwürfe sind lächerlich"
Die Regierung verwechsle Nacktheit mit Pornografie, sagt auch Ai Weiwei. Die Ermittlungen seien lächerlich. Die Nacktbilder seiner Unterstützer drückten die grundlegende Freiheit des Menschen aus, so Ai gegenüber DW-WORLD.DE. "Nacktbilder sind weltweit die legitimste Sache. Wer diesen freien Ausdruck verbietet, sollte sich dafür schämen. Das [Verbot, Anm.d.Red.] gehört zu den obszönsten Sachen der Welt. So etwas erleben wir tagtäglich, unabhängig davon, ob wir uns nackt oder angezogen zeigen."
Die chinesischen Behörden hatten Ai Weiwei Anfang April 2011 am Flughafen in Peking festgenommen. Insgesamt saß Ai 81 Tage in Haft. Zunächst waren die Gründe für die Festnahme sowie der Verbleib des Künstlers unklar. Erst nach seiner Verhaftung wurden sein Atelier durchsucht und seine Computer beschlagnahmt.
Später wurde Ai Weiwei vorgeworfen, Steuern in Millionenhöhe hinterzogen zu haben. Nach Angaben der Behörden soll er ein Geständnis abgelegt haben. Ai Weiwei bestreitet sowohl die Vorwürfe als auch das Geständnis. Anfang November hatten die Pekinger Steuerbehörden die Zahlung von 15 Millionen Yuan (rund 1,7 Millionen Euro) von Ai verlangt. Unterstützer des Künstlers hatten daraufhin rund eine Million Euro gespendet. Ai Weiwei hat das Geld inzwischen als Anzahlung beim Finanzamt abgeliefert, will aber Einspruch gegen die Strafe einlegen.
Autor: Christoph Ricking
Redaktion: Ana Lehmann