Algerien wählt die Kontinuität
12. April 2004Nach der Präsidentschaftswahl in Algier haben Anhänger des Amtsinhabers Bouteflika den Staatschef schon am frühen Morgen als Wahlsieger gefeiert, obwohl noch keine offiziellen Ergebnisse vorlagen. Diese bestätigten, dass der Präsident sei mit 83 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt wurde, wie Innenminister Nourredine Zerhouni am Freitag in Algier bekannt gab . Bouteflikas schärfster Rivale, Ex-Regierungschef Benflis, kam auf acht Prozent. Eine zweite Wahlrunde wäre notwendig gewesen, wenn keiner der sechs Bewerber im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der Stimmen erhalten hätte.
Trotz einiger Zweifel am Demokratieverständnis Bouteflikas wollen die Algerier ihrem Präsidenten eine zweite Chance geben. Vor allem in den einfachen Wohnvierteln Algiers ist der Präsident beliebt und gilt als einziger unter den Kandidaten tauglich für das Amt. Hoch angerechnet wird Bouteflika, dass die islamistische Gewalt in den vergangenen Jahren stark zurückging. Er verstärkte die Polizeieinsätze und bemühte sich zugleich, gewaltbereite Islamisten wieder in die Gesellschaft zu integrieren.
Zwei Kandidaten, eine Partei
Wenn in Algerien ein Präsident gewählt wurde, stand das Ergebnis bislang stets im Vorfeld fest. Zwar gingen bereits zwei Mal, 1995 und 1999, mehrere Kandidaten ins Rennen, aber die Siege von Liamine Zeroual und Abdelaziz Bouteflika waren keine Überraschung. Bei der dritten pluralistischen Präsidentschaftswahl am Donnerstag (8.4.2004) gab es mit Benflis und Bouteflika erstmals zwei aussichtsreiche Kandidaten - die derselben Partei angehören, der früheren Einheitspartei Nationale Befreiungsfront (FLN).
Sie waren einst enge Vertraute, doch als Benflis es 2003 wagte, sich als Gegenkandidat für die Präsidentschaftswahl zu positionieren, entließ Bouteflika den treulosen Ministerpräsidenten. Benflis blieb Parteichef, und Bouteflika fand die Unterstützung der Nationalen Sammlungsbewegung für Demokratie (RND) des jetzigen Regierungschefs Ahmed Ouyahia.
Erstmals eine Frau
Die 18 Millionen stimmberechtigten Algerier konnten zwischen sechs Kandidaten wählen. Erstmals bewirbt sich sogar eine Frau um das höchste Staatsamt, doch Louisa Hanoune von der trotzkistischen Arbeiterpartei dürfte sich mit ihren feministischen Überzeugungen kaum Hoffnungen auf einen Wahlsieg machen.
Während Benflis für Wandel und Modernität steht, warb der 67-jährige Amtsinhaber in seiner Kampagne mit Kontinuität und versuchte die Wähler zu überzeugen, dass er seine 1999 begonnene Arbeit zu Ende bringen müsse: Die Überwindung des Bürgerkriegs, bei dem zwischen 1991 und 2001 mehr als 100.000 Menschen getötet wurden. Außerdem verwies er auf Erfolge wie das enorme Wirtschaftswachstum von 6,8 Prozent im Jahr 2003. (mas/sams)