Altenpfleger dringend gesucht
18. Dezember 2013Zehn Jahre ist sie nur für ihre Familie da gewesen. Dann wollte Asma Hadhri etwas für sich machen, mit Mitte 30 einen neuen Beruf lernen und arbeiten. Also suchte sie nach einer Möglichkeit. Und traf Narges Yelaghi.
Yelaghi leitet im hessischen Offenbach bei Frankfurt am Main das Projekt "Berufseinstieg in die Altenpflege", kurz BeA. Ein Projekt, das Migrantinnen für eine Ausbildung in der Altenpflege gewinnen will. Frauen wie Hadhri, die mit 30 oder 40 Jahren einen Wiedereinstieg ins Arbeitsleben suchen.
Zu wenige Ausbildungsplätze für Altenpfleger
Das Team von Narges Yelaghi berät, begleitet und vermittelt Zuwanderinnen, die sich für den Beruf Altenpflegerin interessieren. "Zuerst gibt es mindestens zwei, drei Einzelgespräche. Da schaue ich, was die Frauen mitbringen und informiere sie, welche Voraussetzungen notwendig sind." Ist die erste Hürde genommen, folgt in der Regel ein Praktikum. Hier können die Frauen ausprobieren, ob der Job zu ihnen passt. Auch die Tunesierin Asma Hadhri musste solch ein Praktikum absolvieren. Die ersten Tage waren hart für die 35-Jährige, die in ihrer Heimat französische Literatur studiert hat. "Ich wusste am ersten Tag nicht, was ich wie machen sollte", erinnert sie sich. Außerdem war ihr alles fremd - das Team, die Bewohner, die Arbeit. Aber es wurde von Tag zu Tag besser und schließlich so gut, dass Hadhri einen Ausbildungsplatz zur Altenpflegehelferin angeboten bekam.
Hadhri ist eine von 19 Frauen, die über das Offenbacher Projekt einen Ausbildungsplatz in der Altenpflege gefunden haben. Für Yelaghi ein erster Erfolg. Auch wenn sie gerne noch viel mehr interessierte Migrantinnen vermitteln würde. Aber Ausbildungsplätze in dem Bereich seien rar, so ihre Erfahrung. Und das, obwohl angesichts der alternden deutschen Gesellschaft Pflegefachkräfte dringend gebraucht werden. Derzeit sind etwa 2,4 Millionen Menschen pflegebedürftig, 2030 werden es nach Schätzungen etwa 3,4 Millionen sein. Experten rechnen damit, dass deshalb bis dahin zusätzlich mehr als 100.000 Fachkräfte benötigt werden. Derzeit arbeiten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes etwa 950.000 Beschäftigte in der Altenpflege.
Migranten werden als Fachkräfte im Gesundheitswesen gesucht
Nicht nur im hessischen Offenbach werden Migrantinnen als Fachkräfte im Gesundheitsbereich umworben. Bundesweit gibt es solche Modellprojekte, die Zuwanderer für Gesundheitsberufe begeistern wollen, so auch "Die Zukunft der Pflege ist bunt", ein Projekt der Hilfsorganisation Caritas im Erzbistum Köln. Die Projektverantwortlichen werben vor allem in Schulen um Nachwuchs.
Serena Cerra ist Koordinatorin des Projekts im Kreis Mettmann bei Düsseldorf. Sie erklärt, warum gerade Migranten als Fachkräfte im Gesundheitswesen gesucht werden: "Die zu pflegenden Menschen werden mit der Zeit immer bunter". Das heißt, in Deutschland leben auch immer mehr Senioren mit ausländischen Wurzeln, die zu Hause oder in Altenheimen gepflegt werden müssen. Also werden auch Fachkräfte gebraucht, die speziell auf die Bedürfnisse der älteren Zuwanderer eingehen oder sich mit ihnen in der Muttersprache unterhalten können. Der Job des Altenpflegers sei zwar kein leichter, gibt Cerra zu, aber: "Man muss bei der Pflege beachten, dass es wirklich ein zukunftssicherer Job ist."
Asma Hadhri macht 2014 ihren Abschluss zur Altenpflegehelferin. Bis dahin muss sie noch viel lernen. Denn zur Ausbildung gehört der Besuch einer Berufsschule. Hier müssen Hadhri und die anderen Frauen auf Deutsch alles über den Körperbau des Menschen und den richtigen Umgang mit den Pflegebedürftigen lernen. Für Hadhri ist das eine Herausforderung, denn Deutsch ist nicht ihre Muttersprache. Ein Problem, auf das das Projekt BeA vorbereitet ist. "Manche Frauen sind erst seit Kurzem in Deutschland und haben Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1. Aber das ist nicht ausreichend", erklärt Narges Yelaghi. "Und aus dem Grund bieten wir für diejenigen, die es brauchen, Förderunterricht in Deutsch an." Hadhri ist froh über die Unterstützung. Ihr Deutsch wird immer besser. In der letzten Schulprüfung hatte sie eine 1, also die Bestnote.
Herausforderung Kinderbetreuung
Neben der deutschen Sprache ist für viele der Projektfrauen auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Problem. "Hier müssen die Frauen auch während der Ausbildung um 6 Uhr mit der Arbeit anfangen. Aber wie viele Plätze gibt es hier in Offenbach, wo Kinder ab halb 6 oder 6 betreut werden können? Da gibt es nur sehr wenige", sagt Yelaghi.
Ein Problem, das auch Aida Halilovic kennt, Mutter von zwei kleinen Jungen. Bereits um 5.30 Uhr morgens muss sie mit der Arbeit anfangen. Damit das klappt, ist sie auf die Hilfe ihrer Eltern angewiesen. "Die Großeltern der Kinder kommen abwechselnd und sind für den Nachwuchs da. Und sie helfen im Haushalt mit", erklärt sie. Mit ein wenig Planung funktioniere das gut. Genau wie für Asma Hadhri ist das ihr erster Job, seit sie in Deutschland lebt. In Serbien war sie Köchin, dann kamen ihre Kinder. Das Arbeiten hat sie seitdem immer vermisst: "Ich kann nicht nur zu Hause sitzen." Mit ihrer Ausbildung, die sie über das Offenbacher Projekt gefunden hat, ist sie glücklich. Besonders die Arbeit mit den alten Menschen gibt der 35-Jährigen viel: "Sie sind so dankbar. Das kommt von Herzen. Das ist so ein schönes Gefühl."