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Am Drehkreuz Dobova in Slowenien

Nemanja Rujević28. Oktober 2015

Das slowenische Dorf Dobova ist ein Knotenpunkt für viele Flüchtlinge geworden: Dort kommen Züge aus Kroatien an und fahren gen Österreich. In den Unterkünften herrschen prekäre Verhältnisse, berichtet Nemanja Rujević.

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Flüchtlinge am Bahnhof in Dobova Slowenien (Foto: DW)
Bild: DW/N. Rujevic

Es ist es immer die gleiche Frage, die Simona Potočar gestellt bekommt: Was ist das größte Problem für die Helfer im Aufnahmelager in Dobova? Zu wenig Nahrungsmittel, ungeduldige Flüchtlinge oder vielleicht die Bürokratie? Doch von der freiwilligen Helferin bekommt man keine Standardantwort: "Hier sind viel hilfsbereite Bürger, die denken, sie können Spenden einfach vorbeibringen und an die Flüchtlinge verteilen. Stellen Sie sich vor, was für eine Schlacht entsteht, wenn zweitausend Menschen warten und nur hundert Stück Schokolade zu verteilen sind."

Simona Potočar hilft den Flüchtlingen wo sie kann (Foto: DW)
Simona Potočar hilft den Flüchtlingen wo sie kannBild: DW/N. Rujevic

Ohne Ordnung ginge es nicht. Dafür sei die Menschenmasse einfach zu gewaltig, sagt sie. Die junge Helferin - orangefarbene Weste, Gummihandschuhe und Mundschutz - verhält sich wie ein Profi, obwohl sie selbst als Freiwillige für die slowenische Hilfsorganisation Adra unterwegs ist. "Als Erstes versuchen wir, allen Menschen ausreichend Nahrungsmittel zu geben. Wenn sie hier länger bleiben, dann auch Kleidung", sagt Potočar. Hinter ihr stapeln sich Pakete mit Wasser - das kleine EU-Land Slowenien nutzt seit ein paar Tagen Nahrungsmittel aus der staatlichen Notfallreserve. Noch kurz zuvor, berichtet Potočar, seien die Flüchtlinge nur auf Hilfsorganisationen angewiesen gewesen.

Zelte, Müll und Rauch

Das sonst verschlafene Dorf Dobova an der slowenisch-kroatischen Grenze ist zu einer Station auf der Balkanroute geworden - seit Ungarn die Grenze zu Kroatien abgeriegelt und so der Flüchtlingsbewegung eine neue Richtung gegeben hat. Aber auch, weil Slowenien überraschend den direkten Zugtransport aus Ostkroatien gebilligt hat.

Lächelnd und winkend drücken sich die Flüchtlinge an die Fenster des ankommenden Zuges. Die Hoffnung der meisten Flüchtlinge hier lautet: Schnell in Slowenien registrieren und wieder am Bahnhof von Dobova in den Zug steigen - dieses Mal Richtung Österreich.

Flüchtlinge am Bahnhof in Dobova Slowenien (Foto: DW)
Ihre Eltern hoffen auf eine Weiterfahrt nach ÖsterreichBild: DW/N. Rujevic

Doch einige werden ausgerechnet hier im Lager von Dobova eine längere Pause machen müssen, denn Slowenien beharrt auf die Registrierung der Flüchtlinge. Schnell wurde ein baufälliges Gebäude neben dem Bahnhof zur Unterkunft umfunktioniert. Der Müll, den die Flüchtlinge hinterlassen, bedeckt fast jeden Millimeter des Geländes. Hier und da stehen ein paar Zelte, dunkler Rauch steigt dort auf, wo einige ein Lagerfeuer angezündet haben. Eine Gruppe junger Männer steht eng beisammen. Sie heben ihre Smartphones in die Luft - das kostenlose WLAN funktioniert genau an dieser Stelle. Zwei Kinder spielen mit einem zerbrochenen Regenschirm und lächeln in die Kameras der Journalisten.

Die Anwesenheit dutzender Bereitschaftspolizisten und die von ein paar Soldaten - die slowenische Regierung aktivierte jüngst auch die Armee - erinnert jedoch daran, dass die Stimmung jederzeit kippen kann. Am Mittwoch kamen aus einem anderen Lager in Dobova Meldungen über Auseinandersetzungen. Ein Video, das im Internet kursiert, zeigt Flüchtlinge, die mit Steinen auf Ordnungshüter werfen. Viele Ankömmlinge haben kein Verständnis für die Politik Sloweniens. Sie wollen schnell weiter.

Falscher Zugalarm

Weiterfahren - nur dieser Wunsch treibt die Menschen. Auch in dem Lager am Bahnhof von Dobova stürmen die Menschen los, als sich das Gerücht breitmacht, ein Zug an die österreichische Grenze stehe für sie bereit. Hektisch holen sie ihre Rücksäcke und rufen ihre Kinder. Fehlalarm. Auch Österreich diskutiert darüber, einen Grenzzaun errichten zu lassen.

Flüchtlinge am Bahnhof in Dobova Slowenien mit Handys (Foto: DW)
WLAN: Wichtig, um mit der Familie in Kontakt zu bleibenBild: DW/N. Rujevic

Deswegen weiß keiner hier, ob es überhaupt einen geregelten Zugtransport für die Flüchtlinge zwischen Slowenien und Österreich geben wird. "Dabei würde das die Sache viel einfacher machen", sagt Simona Potočar, "auch für die Regierung, für dieses Dorf und vor allem für die Freiwilligen, die dann nicht mehr in der Kälte Tag und Nacht bereitstehen müssten."

Die junge Helferin selbst ist 16 Stunden am Tag hier, mit Telefon am Ohr hastet sie hin und her. Zwischendurch löffelt sie ihren Eintopf, der längst kaltgeworden ist. Und schon wieder klingelt das Handy.