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Analyse: Zahlungsstopp muss nicht das letzte Wort sein

Peter Philipp 7. April 2006

Die EU hat vorerst jede finanzielle Unterstützung für die palästinensische Regierung eingestellt. Die Entscheidung ist folgerichtig, muss aber nicht das letzte Wort sein, meint Peter Philipp in seiner Analyse.

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Die EU fordert von der Hamas einen GewaltverzichtBild: AP
Fernschreiber Autorenfoto, Peter Philipp

Die Brüsseler Entscheidung, die Hilfe für die palästinensische Autonomiebehörde einzustellen, kommt nur zwei Tage nach der dramatischen Feststellung des neuen Hamas-Premierministers Ismail Hanija, man habe leere Kassen übernommen und müsse deswegen mit einer weiteren Verschärfung der Notlage in den palästinensischen Gebieten rechnen. Unter anderem kann die Autonomieverwaltung - der größte Arbeitgeber in den Palästinensergebieten - seit April keine Gehälter mehr an ihre 140.000 Angestellten auszahlen. Die Absperrung der Gebiete durch Israel verstärkt die Probleme auch auf dem privaten Sektor.

Anerkennung Israels?


Brüssel hatte seit dem überraschenden Wahlsieg der Hamas darauf bestanden, dass Hilfe für die Palästinenser als Unterstützung des Friedensprozesses gedacht sei. Deswegen könne sie nicht fortgesetzt werden, solange die Hamas sich nicht von seiner aggressiven Charta verabschiedet und wenigstens auf dem Boden der Vereinbarungen agiert, welche die Vorgänger-Regierung unter Jassir Arafat in Oslo mit Israel getroffen hatte.

Genau damit aber schien die Hamas ein Problem zu haben - wie die ultra-konservativen Kreise in Israel lehnte sie Oslo und die in den Verträgen implizierte gegenseitige Anerkennung ab. Gleichwohl hatte sich die Hamas bereits vor über einem Jahr zu einer weitgehend eingehaltenen Waffenruhe bereit erklärt. Fast zeitgleich mit der Brüsseler Entscheidung scheint die islamistische Bewegung auch ihre Haltung gegenüber Israel zu revidieren: Die Hamas-Regierung beabsichtigt angeblich, am kommenden Montag den Plan für eine Zwei-Staaten-Lösung vorzulegen, also der Anerkennung des Staates Israel zuzustimmen.

Kein einseitiger Frieden


Verwirklicht sie diesen Plan, dann könnte es ihr damit gelingen, die dauerhafte Einstellung der EU-Hilfe in letzter Minute abzuwenden. Die Hamas würde dadurch auch Israel in Zugzwang bringen, wo Wahlsieger Ehud Olmert sich anschickt, nach einer Regierungsbildung notfalls auch ohne Absprache mit der Palästinensern die künftigen Grenzen selbst festzulegen. Wenn Hamas eine Kursänderung vornimmt, wird ein israelischer Alleingang vereitelt und Jerusalem gezwungen, mit der Hamas zu verhandeln - oder aber selbst die Verantwortung für mangelnden Fortschritt zu übernehmen.

Denn mit einem weiteren israelischen Rückzug aus den palästinensischen Gebieten wäre das Ausland zwar einverstanden und ihm sollten auch die Palästinenser zustimmen, aber beide würden ihre Zustimmung zu einer einseitig deklarierten "Lösung“ versagen, die keine Lösung wäre, sondern eher der Kern für fortgesetzten Konflikt. Weil Frieden nun einmal nicht einseitig erklärt, sondern nur durch Übereinkunft der Parteien erreicht werden kann.