Anklagen im Mordfall Jan Kuciak
21. Oktober 2019Dabei handelt es sich um den politisch bestens vernetzten Unternehmer Marian Kocner als mutmaßlichen Auftraggeber sowie drei weitere Personen, denen vorgeworfen wird, den Mord organisiert und ausgeführt zu haben, wie eine Sprecherin der staatlichen Anklagebehörde mitteilte. Den Angeklagten wird unter anderem vorsätzlicher Mord vorgeworfen.
Darüber hinaus empfahl die Staatsanwaltschaft mit einem geständigen mutmaßlichen Mittäter eine gesonderte Einigung, der jedoch das Gericht zustimmen muss.
Kuciaks Recherchen brachten Regierungschef Fico zu Fall
Der Investigativjournalist Jan Kuciak und seine Verlobte Martina Kusnirova waren am 21. Februar 2018 in ihrem Haus im Dorf Velka Maca bei Bratislava erschossen worden. Der 27-jährige Kuciak hatte über die Verfilzung von Politik und Geschäftemacherei recherchiert. Seine nach seinem Tod veröffentlichte Reportage über Verbindungen italienischer Mafia-Clans zu slowakischen Regierungsmitarbeitern löste Massendemonstrationen gegen Korruption und den Missbrauch von EU-Förderungen aus. Als Folge trat Langzeit-Regierungschef Robert Fico zurück.
In den vergangenen Monaten waren immer neue Details aus dem Ermittlungsverfahren bekannt geworden, die weitere Politiker und Vertreter von Justiz und Polizei zum Rücktritt zwangen. Sie sollen möglicherweise von dem mutmaßlichen Auftraggeber bestochen worden sein. Der ursprünglich wegen eines Betrugsverdachts verhaftete Unternehmer hatte offenbar Gesprächsaufnahmen und anderes Belastungsmaterial gegen Politiker, Unternehmer und Vertreter der Justiz gesammelt, um diese später damit erpressen zu können.
Neue Hinweise auf korrupte Machenschaften
In den laufenden Ermittlungen fand die Polizei nach eigenen Angaben zudem zahlreiche Hinweise auf gigantische Korruptionsnetzwerke in der Slowakai: bestechliche Staatsanwälte, die sich von zwielichtigen Unternehmern wie Untergebene zur Manipulation von Gerichtsverfahren benutzen ließen, und mächtige Oligarchen, die sich von Politikern Staatsaufträge und Privatisierungsentscheidungen erkauften.
Das vorläufig brisanteste Dokument ist eine 39-stündige Tonaufnahme von Abhöraktionen, die der Inlandsgeheimdienst SIS in den Jahren 2005 und 2006 unter dem Codenamen "Gorilla" durchgeführt haben soll, um Wirtschaftskriminalität im Umfeld der damaligen neoliberalen Reformregierung zu dokumentieren. Sollten die Aufnahmen authentisch sein, würden sie belegen, dass die bis heute gültigen Verkäufe der vorher staatlichen Energiewirtschaft und anderer Schlüsselbetriebe an westliche, auch deutsche Konzerne auf Bestechung beruhten.
Die erst seit Juni amtierende Staatspräsidentin Zuzana Caputova forderte zuletzt eine lückenlose Aufklärung. Die Korruption von damals habe "eine ganze Generation geprägt" und sei unter fünf Nachfolgeregierungen nicht aufgeklärt worden, kritisierte sie.
qu/kle (dpa, rtr, ap)