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Antisyrische Demonstrationen im Libanon

Peter Philipp28. Februar 2005

Die Regierung des Libanons steht unter dem Druck der Straße: Tausende Demonstranten forderten in Beirut nach der Ermordung Hariris den Abzug syrischer Truppen. Die Gründe für die Proteste liegen aber tiefer.

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Trotz Verbot: Demonstrationen im LibanonBild: AP

Auch noch so eindringliche Verbote ihrer Regierung haben Abertausende von Libanesen nicht davon abhalten können, auf die Straße zu ziehen und gegen die syrische Einflussnahme im Libanon zu demonstrieren und den Rücktritt der Regierung zu fordern. Die in libanesische Fahnen gehüllten Protestler riefen "Syrien raus" und "Freiheit, Souveränität, Unabhängigkeit". Die Opposition macht die Geheimdienste Syriens und die pro-syrische Regierung in Beirut für den Anschlag verantwortlich.

Inzwischen begann eine mit Spannung erwartete Parlamentsdebatte über das Attentat auf den früheren Ministerpräsidenten Rafik al-Hariri am 14. Februar. Im 127-sitzigen Parlament verfügt die Regierung zwar über eine sichere Mehrheit. Dennoch gilt die Abstimmung über den Misstrauensantrag als ein entscheidender Test für das Kabinett Karami. Angesichts der langen Rednerliste könnte die Debatte mehrere Tage dauern.

Teil des syrischen Hegemonieanspruchs

Historisch hat Syrien den Libanon immer als Teil seines eigenen "großsyrischen" Hegemonieanspruchs betrachtet und behandelt. Dies manifestierte sich nicht nur darin, dass nie Botschafter zwischen beiden Ländern ausgetauscht wurden, sondern in erster Linie darin, dass Damaskus immer in der libanesischen Innenpolitik mitgespielt und das Nachbarland auch für außenpolitische Abenteuer missbrauchte.

So versuchte Syrien während des libanesischen Bürgerkrieges von 1975 bis 1990 immer wieder, die eine Gruppe gegen die andere zu unterstützen und auch auszuspielen: Zuerst kam es den bedrängten Christen zu Hilfe, dann schlug es sich auf die Gegenseite. Einmal unterstützte es die PLO und ihre libanesischen Partner, dann bekämpfte es sie wieder. Nutznießer waren nur vorübergehend die jeweils favorisierten Gruppen, langfristig aber immer Syrien selbst. Es gewann derart an Einfluss im Zedernstaat, dass ohne seine Zustimmung dort nichts mehr läuft. Und der Libanon ist zum syrischen Protektorat verkommen, das Damaskus auch als Puffer gegenüber Israel als willkommenes Instrument dient.

15.000 Mann im Land

In der Anfangszeit des Bürgerkrieges entsandte Syrien auch Truppen in den Libanon: 30.000 Mann sollten im Rahmen einer panarabischen Friedenstruppe für Ruhe und Ordnung sorgen, die anderen Staaten zogen ihre Einheiten aber bald ab und übrig blieb das syrischen Kontingent, das heute noch 15.000 Mann umfasst. Sie sind das Rückgrat der syrischen Präsenz im Libanon ist. Im Herbst letzten Jahres hat Syrien zwar angeblich einen Teil seiner Truppen abgezogen und auch jetzt wird wieder davon gesprochen, Skeptiker behaupten aber, Damaskus verschiebe die Truppen einfach innerhalb des Libanon, ziehe sie aber nicht ab. Die US-Regierung hat Syrien noch einmal nachdrücklich zum Abzug all seiner Truppen aus Libanon aufgefordert. Die USA würden sich mit einer Truppenverlegung innerhalb Libanons nicht zufrieden geben, sagte Außenamtssprecher Richard Boucher am Freitag (25.2.2005) in Washington.

Der syrische Machtwechsel von Hafez el Assad zu seinem Sohn Bashar hatte die Hoffnungen vieler Libanesen nicht erfüllt, dass ein liberaleres Syrien seine Haltung gegenüber dem Libanon ändern würde. In den Jahren seit dem Bürgerkrieg hat sich im Libanon aber auch wieder ein libanesisches Selbstbewusststein entwickelt, das die Trennungslinien des Krieges überbrückt und sich nun verstärkt gegen jede äußere Einmischung richtet.

Unterstützung aus dem Ausland dürfte den Libanesen hierbei willkommen sein. Aber sowohl Israel als auch die USA sollten sich nicht täuschen: Die Ablehnung vieler Libanesen gegenüber Syrien bedeutet noch lange keine Zustimmung zur Politik Jerusalems oder Washingtons.