Spanisches Parlament billigt Arbeitsmarktreform
4. Februar 2022Nach monatelangen Verhandlungen wurde der Reformentwurf, den die linke Minderheitsregierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez eingebracht hatte, vom Parlament in Madrid mit einer knappen Mehrheit von nur einer Stimme gebilligt. Der Erfolg bei diesem heiklen Thema ist für Sánchez und seine Sozialistische Partei (PSOE) immens wichtig - die Reform des Arbeitsmarktes war eine der mit der Europäischen Kommission vereinbarten Auflagen für den Erhalt der Corona-Hilfen in Milliardenhöhe.
Bei der Debatte vor der Abstimmung hatte Arbeitsministerin Yolanda Díaz von einer "historischen Reform" gesprochen, die der "Kultur der prekären Arbeit eine klare Absage erteilt".
Oppositioneller stimmt versehentlich mit "Ja"
Es handelt sich um die erste Arbeitsmarktreform in Spanien, die seit 1980 mit allen Sozialpartnern (mit den größten Gewerkschaften und auch mit dem Unternehmerverband CEOE) abgestimmt wurde. Deshalb stimmten neben den 154 Abgeordneten der beiden Koalitionsparteien PSOE und Unidas Podemos (UP) unter anderem auch die Vertreter der liberalen Ciudadanos, die der Opposition angehören, mit "Ja".
Der Abstimmungserfolg mit 175 zu 174 Stimmen kam allerdings nur dank der Ja-Stimme eines Abgeordneten der oppositionellen Volkspartei zustande, der versicherte, er habe dagegen votiert. Ein Protest der Partei wurde von Parlamentspräsidentin Meritxell Batet abgewiesen, weil ein technischer Fehler ausgeschlossen wurde. Der Abgeordnete Alberto Casero müsse mit "Ja" gestimmt haben, hieß es.
"Triumph für ganz Spanien"
Ministerpräsident Sánchez nahm die Entscheidung gelassen. Wichtig sei, dass die Reform durch sei, sagte Sánchez und nannte es einen "Triumph für ganz Spanien". Auf Twitter schrieb er: "Spanien hat einen neuen Rahmen für Arbeitsbeziehungen, der die Würde der Arbeit in den Mittelpunkt stellt."
Die Reform war bereits Anfang des Jahres per Dekret in Kraft getreten, nachdem Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften sich Ende vergangenen Jahres nach intensiven Verhandlungen darauf geeinigt hatten. Allerdings benötigte das Paket noch die Zustimmung des Parlaments, um dauerhaften Gesetzesstatus zu erhalten.
Die Verabschiedung der Arbeitsmarktreform war eine der Bedingungen, die Brüssel für die Auszahlung der Mittel aus dem EU-Konjunkturprogramm gestellt hat, von dem Spanien mit 140 Milliarden Euro einer der Hauptnutznießer sein wird.
Zeitverträge nicht mehr verketten
Die Regierung von Sánchez stand dabei stark unter Druck, hatte sie doch versprochen, eine umstrittene Arbeitsmarktreform der Konservativen aus dem Jahr 2012 rückgängig zu machen. Diese war zwar mit ursächlich dafür, dass die Arbeitslosenquotesich von fast 27 Prozent im Jahr 2013 auf heute 13,3 Prozent halbierte - allerdings sorgte sie für große Unsicherheit: Spanien hält den europäischen Rekord bei befristeten Verträgen und die Arbeitslosenquote ist immer noch die höchste in der EU.
Das nun verabschiedete Gesetzespaket begrenzt die Verkettung von Zeitverträgen und macht unbefristete Verträge zur Regel statt zur Ausnahme. Er verbietet auch die Entlassung von Beamten aus wirtschaftlichen Gründen, stärkt die Ausbildung der Arbeitnehmer und ermöglicht es den Unternehmen, die geltenden Vorschriften in Krisenzeiten vorübergehend auszusetzen, um Entlassungen zu vermeiden.
mak/bru (afp, dpa)