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Asylpaket II: Nur die Koalition ist dafür

Marcel Fürstenau (mit dpa)11. Februar 2016

Union und SPD beenden ihren Streit über den Familiennachzug bei Flüchtlingskindern. Gleichzeitig hagelt es Kritik vom Missbrauchsbeauftragten der Regierung und vom Zentralrat der Muslime in Deutschland.

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Das Wort "Asylrecht" als wird in einem Lexikon mit einem Farbstift markiert. Foto: Frank May / picture alliance
Bild: picture-alliance/F. May

Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) haben im Streit über den Familiennachzug für Flüchtlinge eine Lösung gefunden. An den umstrittenen Beschlüssen der Koalition werde nichts geändert, teilten sie am Donnerstag in Berlin mit. Es gebe aber die Möglichkeit, in Härtefällen bei minderjährigen Flüchtlingen mit eingeschränktem ("subsidiärem") Schutz einen Nachzug der Eltern zu erlauben. Über das Vorliegen eines Härtefalls entscheide das Auswärtige Amt im Einvernehmen mit dem Innenressort.

Die Koalitionsspitzen hatten sich Ende Januar nach monatelangem Streit über Details auf das sogenannte Asylpaket II verständigt. Vor gut einer Woche hatte das Kabinett die Pläne beschlossen. Darin ist unter anderem vorgesehen, für bestimmte Flüchtlingsgruppen den Familiennachzug für zwei Jahre auszusetzen. Gelten soll dies für Menschen mit "subsidiärem Schutz" - eine derzeit nur kleine Gruppe. Es handelt sich um jene, die sich nicht auf das Grundrecht auf Asyl berufen können und auch keinen Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention genießen, wegen Gefahr für Leib und Leben aber dennoch vorläufig in Deutschland bleiben dürfen.

Mazyek: "Haben fest damit gerechnet, dass es keine Verschärfungen gibt"

Als de Maizière und Maas ihren Kompromiss verkündeten, stellten zwei andere Männer gerade ihre Kooperationsvereinbarung für einen besseren Schutz von Flüchtlingskindern vor sexueller Gewalt vor: Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, und der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek. Beide nutzten die Gelegenheit, Nachbesserungen beim Asylpaket II zu verlangen.

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) Foto: Oliver Berg/dpa
Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime in Deutschland (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Rörig warf der Regierung vor, die von der Europäischen Union verlangten Schutzstandards für Flüchtlingsunterkünfte nicht umsetzen zu wollen. Im Entwurf für das Asylpaket II seien diese Standards herausgestrichen worden. "Obwohl die Bundesregierung gestern einen Blauen Brief aus Brüssel wegen der Nichtumsetzung dieser EU-Aufnahmerichtlinie erhalten hat", empörte sich Rörig. Mazyek schloss sich dieser Kritik an. "Wir haben fest damit gerechnet, dass es keine Verschärfungen gibt." Vor allem den geschätzten 60.000 unbegleiteten Flüchtlingen müsse man ermöglichen, "dass ihre Eltern nachziehen können".

Rörig: Zentralrat der Muslime in Deutschland "vorbildlich"

In einem früheren Entwurf für das Gesetzesvorhaben waren unbegleitete Minderjährige noch von einer Beschränkung beim Familiennachzug ausgenommen gewesen, damit sie Eltern nach Deutschland nachholen können. In der vom Kabinett nun endgültig beschlossenen Fassung taucht diese Klausel aber nicht mehr auf. Rörig, Mazyek und allen anderen Kritikern des Asylpakets II bleibt jetzt nur noch die kleine Hoffnung, dass sich im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren Veränderungen in ihrem Sinne ergeben. Wegen ihrer klaren Mehrheit dürfte es der Koalition aber leicht fallen, sich durchzusetzen.

Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens werben der Missbrauchsbeauftragte und der Zentralrat der Muslime (ZMD) für ihre jetzt getroffene Kooperation zum Schutz vor sexueller Gewalt. Von den 13 Millionen Kindern in Deutschland seien etwa eine Million muslimisch, darunter viele Flüchtlingskinder, sagte Rörig. Der ZMD ginge "vorbildlich" voran und würde Verantwortung übernehmen. Er hoffe, dass andere muslimische Verbände dem Beispiel "zügig" folgen. Mit ihnen würde er nach seinem Grundsatz "Kind ist gleich Kind" gerne kooperieren. "Unabhängig von Herkunft, Religionszugehörigkeit und Aufenthaltsstatus", betonte Rörig.

Flyer in drei Sprachen: deutsch, arabisch, türkisch

Gemeinsam mit dem Zentralrat der Muslime will der Missbrauchsbeauftragte über Gefahren sexueller Gewalt informieren und Möglichkeiten, sie zu vermeiden. Dafür sollen Mütter und Väter ebenso sensibilisiert werden wie Imame. Als erster Schritt wurde ein Flyer mit dem Titel "Wer hilft mir helfen?" erarbeitet, den es in drei Sprachen gibt: deutsch, arabisch und türkisch. Der Flyer kann ab sofort im Online-Shop auf www.kein-raum-für-missbrauch.de bestellt und heruntergeladen werden.

Ein Flüchtlingskind allein zwischen leeren Bettgestellen in einer Notunterkunft . Foto: David Ebener/dpa
Kinder in Notunterkünften für Flüchtlinge können schnell Opfer sexueller Gewalt werdenBild: picture-alliance/dpa/D. Ebener

Vereinbarungen wie die mit dem Zentralrat der Muslime hat Rörig schon mit anderen abgeschlossen, darunter die christlichen Kirchen, Jugend- und Wohlfahrtsverbände, Internate und der organisierte Sport. Einen konkreten Anlass für die Zusammenarbeit dem Zentralrat der Muslime habe es nicht gegeben, betonte dessen Vorsitzender Mazyek. Er verwies stattdessen auf das "Verantwortungsgefühl" seiner Gemeinschaft und der Gesellschaft insgesamt. Der Schutz der Kinder sei "unser Herzensanliegen". Mazyek kündigte an, das Thema in die muslimische Community hineinzutragen. Dabei will er besonders auf Multiplikatoren wie Imame setzen.

Der Missbrauchsbeauftragte Rörig hält die Situation in vielen Flüchtlingsunterkünften für dramatisch. Zwar habe er "größten Respekt" vor dem Engagement der Helfer, aber vermeintliche Helfer, Wachleute und Bewohner hätten oft viel zu leicht Zugang zu Kindern. Sie könnten Nähe herstellen, "die überhaupt nicht gut gemeint ist". Nähe, die leicht für sexuelle Gewalt ausgenutzt werden könne.