Auf den Spuren der Separatisten im Donbass
17. Juli 2014Die Lage im Osten der Ukraine wirft viele Fragen auf, aber die wichtigste ist: Wer sind die bewaffneten Separatisten im Donbass? Laut Olexij Melnyk vom Kiewer Rasumkow-Forschungszentrum sind im ostukrainischen Industrierevier viele bewaffnete Gruppierungen aktiv. Manchmal sei schwer zu erkennen, wer Kämpfer der selbsternannten "Volksrepublik Donezk" sei und wer marodierenden Banden angehöre. "Aber das Wichtigste ist, dass die entscheidenden Leute, die das ganze Chaos angerichtet haben, offensichtlich Mitglieder russischer Geheimdienste sind", sagte der Experte im Gespräch mit der Deutschen Welle. Ehemalige seien genauso dabei wie aktive Geheimdienstler.
Bei der ukrainischen Armee geht man von bis zu 2000 russischen Geheimdienstlern aus, die als Saboteure im Land unterwegs sind. Sie würden führende Positionen übernehmen und im Osten der Ukraine unter der Bevölkerung Kämpfer anwerben. Etwa 5000 Mann hätten sich ihnen aus Überzeugung angeschlossen. Kämpfen würden sie für einen eigenen "Staat Donbass" oder den Anschluss der Region an Russland, sagte der DW der Sprecher der ukrainischen Armee, Olexij Dmytraschkowski. Moskau weist die Vorwürfe aus Kiew zurück. Hunderte Menschen sind bei den Kämpfen zwischen ukrainischen Regierungstruppen und den prorussischen Separatisten bereits ums Leben gekommen.
Das Bataillon "Wostok"
Schwierig ist es, ein umfassendes objektives Bild der Kräfte zu bekommen, die auf der Seite der "Volksrepublik Donezk" kämpfen. Basierend auf öffentlich verfügbaren Daten, nach Medienberichten sowie Hinweisen von Beobachtern vor Ort haben sich derzeit drei größere bewaffnete Einheiten auf die Region Donezk konzentriert.
Als die am besten militärisch ausgebildete gilt das Bataillon "Wostok" (Osten). Angeführt wird es von Alexander Chodakowski, dem ehemaligen Chef der ukrainischen staatlichen Spezialkräfte "Alpha" in Donezk. Unter seinem Kommando stehen etwa 1000 Kämpfer. In Interviews erklärte Chodakowski, in den Reihen des Bataillons hätten sich für einige Zeit Freiwillige aus Tschetschenien befunden. Nach Recherchen ukrainischer Journalisten gehören der Einheit viele kampferfahrene Osseten an.
Die Strelkow-Truppe
Die vermutlich größte bewaffnete Einheit unter den Separatisten ist die Gruppierung um Igor Girkin, der auch Strelkow genannt wird. In Interviews gab er an, ehemaliger Mitarbeiter des russischen Föderalen Sicherheitsdienstes (FSB) zu sein. Nach der Rückeroberung der Kleinstadt Slowjansk durch die ukrainische Armee, verlegte Girkin Anfang Juli sein Hauptquartier in die Millionenmetropole Donezk. Die Angaben über die Anzahl seiner Kämpfer schwanken - verschiedene Quellen gehen von 1000 bis 4000 Mann aus. Ein Beobachter vor Ort, der aus Sicherheitsgründen ungenannt bleiben möchte, sagte der DW, die meisten seien erfahrene Söldner aus Russland, von der Krim und aus Transnistrien. Girkins Kämpfer würden über Panzer und Granatwerfer verfügen. Die Waffen sollen aus Russland stammen.
Auf verschiedenen Internetseiten der "Volksrepublik Donezk" heißt es, der Anführer des Bataillons "Wostok", Chodakowski, habe mit Girkin keine gemeinsame Sprache gefunden, nachdem dieser Slowjansk aufgegeben und sich zum "militärischen Oberbefehlshaber von Donezk" erklärt habe. In denselben Quellen wird berichtet, Chodakowski sei nicht bereit gewesen, die Macht in Donezk mit Gikin zu teilen. Deshalb habe sich Chodakowski mit seiner Truppe in die benachbarte Stadt Makijiwka begeben.
Die Russische Orthodoxe Armee
Neben dem Bataillon "Wostok" und Strelkows Truppe gibt es in Donezk noch die sogenannte "Russische Orthodoxe Armee". Sie wird mit dem selbsternannten Donbass-Gouverneur Pawel Gubarew in Verbindung gebracht. Informationen über diese Truppe gibt es in den ukrainischen Medien wenige. Nach Angaben russischer Journalisten gehören ihr 4000 Mann an. Ein Beobachter vor Ort, der ebenfalls ungenannt bleiben möchte, sagte der DW, aus den Reihen der Separatisten sei ihm bekannt, dass die "Russische Orthodoxe Armee" aber nur aus etwa 500 Mann bestehe.
Gubarew selbst schrieb in sozialen Netzwerken, die "Russische Orthodoxe Armee" sei eine "starke Truppe der Volksrepublik Donezk". Die Männer würden aus Überzeugung kämpfen. In Wirklichkeit seien sie Einheimische aus sehr armen Bergarbeitersiedlungen, die keinen festen Arbeitsplatz hätten, so der Gesprächspartner der DW. Er fügt hinzu: "Militärisch ausgebildet sind sie nicht. Sie gehen meist gegen Marodeure vor, wobei sie aber selbst vor kleineren Plünderungen nicht zurückschrecken. Schwere Waffen haben sei keine." Neben diesen Einheiten gibt es weitere kleinere bewaffnete Gruppierungen, die ebenfalls im Gebiet Donezk aktiv sind. Über sie und ihre Anführer ist allerdings meist wenig bekannt.