Feridun Zaimoglu sieht "Krise des muslimischen Mannes"
29. Januar 2016Feridun Zaimoglu ist aufgebracht, wenn er über die sexuellen Übergriffe auf Hunderte von Frauen in der Silvesternacht in Köln spricht: "Wir Moslems müssen in unserem eigenen Saustall aufräumen - denn wir haben einen Saustall", sagte er in einem Interview mit der Deutschen Presseagentur. Auch er als Schriftsteller wolle sich nicht der Verantwortung entziehen. Für den 51-Jährigen, der mit Romanen wie "Kanak Sprak" oder "Hinterland" Erfolge feierte, handelt es sich nicht um eine Krise des Islam, sondern um "eine Krise muslimischer Männer mit Minderwertigkeitskomplexen". Viele Moslems könnten mündige Frauen nicht als gesellschaftliche Realität akzeptieren.
Zaimoglu: "Debatte über Migration ist positiv"
Insgesamt bewertet Zaimoglu die Debatte über die Kölner Übergriffe als positiv und als Beweis der Redefreiheit in Deutschland. Die sexuellen Übergriffe müsse man genauso geißeln, "wie man sonst von ostdeutschen Nazis oder westdeutschen Hooligans spricht". Zaimoglu prognostiziert eine wachsende Kluft in der Gesellschaft - es mangele an Solidarität. Dabei führten die christlichen Kirchen und die islamischen Verbände schon seit einiger Zeit einen Dialog und kämen friedlich miteinander aus: "Es geht nicht um Religionen, es geht darum, dass Menschen mit religiösem oder nationalem Anstrich – seltsame Borderline-Menschen da draußen – den sozialen Frieden zu Klump schlagen wollen."
Auch Navid Kermani beklagt die Ungleichheit in der Gesellschaft
Erst vor wenigen Tagen hat sich auch der Schriftsteller Navid Kermani in einem Interview mit dem "Spiegel" sehr kritisch mit Kölns Silvesternacht auseinandergesetzt. Schon in seiner Rede anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels im Oktober 2015 beklagte der 48-Jährige Sohn iranischer Einwanderer den Niedergang des Islams.
Die Kriminalität marokkanischer Banden in seiner Heimatstadt Köln beobachtet er schon länger. Er mutmaßte, dass diese Gruppen nach Deutschland kämen, "weil es hier einfacher ist: mehr Einnahmen, weniger Polizei, die auch nicht so unangenehm ist wie die Polizei in Marokko." Kermani warnt vor einer vorschnellen Verurteilung des arabischen Mannes: "Diese Probleme sind keinem arabischen Gen geschuldet, sondern sind benennbar: Bevölkerungsexplosion und wirtschaftliche Liberalisierung, die zu einem sichtbaren Reichtum einiger weniger geführt haben, der immer größer, obszöner wurde." Wenn wir uns in einem "kulturellen Überlegenheitsdiskurs" einrichteten, würde das nur die "Fronten verhärten“.
Der deutsch-türkische Comedy-Star Serdar Somuncu ruft im Tagesspiegel dazu auf, die Silvester-Ereignisse von Köln nicht zu sehr aufzubauschen. Solche Übergriffe habe es auch schon vor Jahren gegeben. Trotzdem müsse die Diskussion um Integration offen geführt werden: "Entscheidend wäre jetzt eine aufgeschlossene Debatte darüber, wie wir uns dieses Land vorstellen, in zehn Jahren. Das trauen sich die meisten aus ihrer Parteiräson heraus nicht."
so/nf (dpa, Spiegel, Tagesspiegel)