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Australische Tipps gegen Flüchtlinge

Heiner Kiesel22. April 2015

Australiens Außenministerin Julie Bishop ist zu Besuch in Berlin und wirbt für harten Umgang mit illegalen Flüchtlingen. Das ist heikel für ihren deutschen Kollegen.

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Frank-Walter Steinmeier und Julie Bishop Foto: Heiner Kiesel
Bild: DW/H. Kiesel

Eben noch hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) von seiner australischen Besucherin geschwärmt. Was für eine Freude es sei, Außenministerin Julie Bishop endlich auch in Berlin willkommen heißen zu können und wie gut es zwischen den beiden Ländern laufe. Doch dann wird Bishop gefragt, was Deutschland denn von der australischen Flüchtlingspolitik lernen könne. Bishop strafft sich, als sie zur Antwort ansetzt. Steinmeiers Körpersprache verrät Vorsicht. Er blickt nach rechts zu seinem Gast, weicht dabei eine Idee zurück. Das australische Modell scheint für den deutschen Sozialdemokraten nicht gerade anziehend zu sein. Vor wenigen Tagen sind fast Tausend Menschen im Mittelmeer ertrunken, die versucht haben, Europa illegal zu erreichen. Jetzt sucht die EU nach Wegen, die Seenotrettung zu verbessern und die Geretteten gerecht in den Mitgliedsstaaten zu verteilen. Australien geht einen ganz anderen Weg.

Der ist für Außenministerin Bishop und der Regierung, der sie angehört, aber auch ein ziemlich überzeugender. Regierungschef Tony Abbott hat nach dem letzten großen Unglück bereits seine Expertise und Hilfe angeboten. Bishop erklärte die Position ihrer konservativen Regierung jetzt erneut in Berlin. "Leute die Menschenschmuggler bezahlen, um nach Australien zu kommen, die bezahlen kriminelle Organisationen. Solche Leute haben keine Chance, in Australien aufgenommen zu werden." Das sei eine sehr entschiedene Haltung ihrer Regierung und habe dazu geführt, dass den Schleppern die Geschäftsgrundlage entzogen worden sei.

2013, ein Jahr vor dem Regierungswechsel in Canberra, habe es 300 Flüchtlingsboote mit rund 20.000 Passagieren auf der gefährlichen Reise nach Australien gegeben. 1200 Menschen seien dabei umgekommen. "Durch unsere Flüchtlingspolitik hat es keine Boote und keine Ertrunkenen mehr gegeben." Bishop wies darauf hin, dass auf legale Weise 190.000 Menschen jährlich nach Australien zuwanderten. "Wir sind eines der erfolgreichsten multiethnischen Länder der Welt", unterstrich sie.

Australien Flüchtlinge 2013 Foto: Getty Images
Vor dem Politikwechsel: Die australische Küstenwache eskortiert abgefangene FlüchtlingeBild: Getty Images

Fragwürdiger Umgang mit Flüchtlingen

Für Menschenrechtsgruppen ist die Anti-Flüchtlings-Aktion der Regierung Abbott - sie läuft unter dem Titel "Souveräne Grenzen" - jedoch Anlass zu scharfer Kritik. Die australische Marine hat die Aufgabe, Bootsflüchtlinge systematisch abzufangen und zur Umkehr zu zwingen.Für Flüchtlinge, bei denen das nicht möglich ist, wurden Aufnahmelager im Inselstaat Nauru und in Papua-Neuguinea eingerichtet. Aus den Lagern werden menschenunwürdige Verhältnisse berichtet. Die kirchliche Nachrichtenagentur KNA meldet Revolten, Hungerstreiks und Suizidversuche. Australien hat auch ein Abkommen mit Kambodscha geschlossen, das die Abschiebung dorthin erleichtert. Vor allem aus Sri Lanka, Afghanistan oder dem Mittleren Osten versuchen viele Menschen nach Australien zu kommen.

Außenminister Steinmeier kann sich ein ähnlich hartes Vorgehen im Mittelmeer nicht so recht vorstellen. Er war als erster der Bundesregierung bereit, nach dem letzten Unglück eine bessere Seenotrettung einzufordern, zögernd sind ihm dann Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Kanzlerin Angela Merkel gefolgt. "Wir stehen zu unserer humanitären Verpflichtung Leute vor dem Ertrinken zu retten und wir haben eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, Asylsuchenden die Möglichkeiten nach Artikel 16 und 16a [des Grundgesetzes] zu gewähren", stellt er klar. Auch in der Selbstwahrnehmung der beiden Länder gebe es große Unterschiede, sagt Steinmeier. Australien nehme sich selbst als Einwanderungsland wahr und habe Einwanderungsmöglichkeiten per Gesetz geschaffen. "Darüber müssen wir erst noch weiter diskutieren."