Bach gewinnt ersten großen Machtkampf
21. April 2015IOC-Präsident Thomas Bach durfte seinen Abstecher nach Sotschi am Montag, trotz eines Eklats mit heftiger Kritik, durchaus als äußerst erfolgreiche Dienstreise werten. Schließlich gewann der 61-Jährige in der Olympia-Stadt von 2014 seinen ersten großen Machtkampf als IOC-Chef recht deutlich. Das Echo nach den heftigen Attacken von Marius Vizer, dem Präsidenten der Vereinigung internationaler Sportverbände (SportAccord), war jedenfalls einhellig. Sowohl die internationalen Spitzensportverbände als auch die Nationalen Olympischen Komitees schlugen sich klar auf die Seite von Bach und richteten Kritik an Vizer.
Der gebürtige Rumäne hatte in einer Art Alleingang Bach und dem IOC Einmischung in die Autonomie der Sportorganisationen, die Blockade von Multi-Sport-Events, Intransparenz bei der Agenda 2020 und Geldverschwendung beim olympischen TV-Kanal vorgeworfen. Ein Frontalangriff, der am Montag sogar die Rede des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin zur Nebensächlichkeit hatte verkommen lassen.
Breite Unterstützung für Agenda 2020
Vizers Meinung wurde von vielen Funktionären nicht geteilt. So ergriff Scheich Ahmad Al-Sabah als Vorsitzender der Vereinigung Nationaler Olympischer Komitees (ANOC) klar Partei für Bach und dessen Agenda 2020. "Als ANOC-Präsident und Vizepräsident eines internationalen Verbandes weiß ich, dass die Stimmen sowohl der NOKs als auch der Verbände von Präsident Bach und vom IOC gehört wurden. Unter Bachs Führung freuen wir uns auf eine einheitlichere und bessere Zukunft", teilte Al-Sabah in einer ANOC-Stellungnahme mit. Die klare Positionierung von Al-Sabah, der schon bei Bachs erfolgreicher Wahl zum IOC-Chef eine Schlüsselrolle eingenommen hatte, verwundert kaum.
Umso mehr dürfte Bach aber wohl die starke Rückendeckung vonseiten der Spitzensportverbände gefreut haben. 15 internationale Verbände, darunter die Dachorganisationen von Fußball, Leichtathletik und Schwimmen, erklärten in einem Brief ihre Unterstützung für Bach. Der Internationale Leichtathletik-Verband IAAF und der Schießsport-Weltverband ISSF traten sogar aus dem SportAccord aus. Vizer habe sich "wie ein Diktator" verhalten und wolle den Sportverbänden vorschreiben, was zu tun sei, monierte IAAF-Chef Lamine Diack. Kurz darauf distanzierte sich auch die Vereinigung der Olympischen Sommersportverbände (ASOIF) von den Äußerungen Vizers und stoppte vorerst die Zusammenarbeit mit SportAccord. Nicht einmal seitens der russischen Regierung gab es für Vizer, der enge Kontakte zu Putin pflegt, Unterstützung.
Positives Signal für Bach
Für Bach war der breite Rückhalt jedenfalls ein positives Signal für sein Reformprojekt, das IOC und die Olympischen Spiele zu modernisieren. Zugleich muss er Konkurrenz zu seinem Premiumprodukt Olympia erst einmal nicht fürchten. Denn Hintergrund des Streits war unter anderem die ablehnende Haltung Bachs gegenüber dem Vorhaben Vizers, eine Art Weltspiele einzuführen.
Beobachter der olympischen Szene mussten lange zurückgehen, um einen ähnlichen Disput auf höchster sportpolitischer Ebene zu finden. Vor mehr als 30 Jahren war es einst zum Machtkampf zwischen Bachs Vor-Vorgänger Juan Antonio Samaranch und dem Schweizer Thomas Keller, dem damaligen Chef der olympischen Fachverbände, gekommen. Keller hatte am Ende das Nachsehen. Ähnlich könnte nun Vizers sportpolitische Karriere vor dem Aus stehen.
ck/sn (dpa)