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KonflikteÄgypten

Baerbock fordert erneut humanitäre Feuerpausen für Gaza

9. Januar 2024

Bei einem Besuch in Ägypten verlangt Bundesaußenministerin Baerbock, weitere Grenzübergänge zum Gazastreifen zu öffnen. Zudem seien neue Feuerpausen nötig. US-Außenminister Blinken ist derweil einmal mehr in Israel.

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Der ägyptische Außenminister Samih Schukri mit seiner deutschen Kollegin Annalena Baerbock
Der ägyptische Außenminister Samih Schukri empfängt seine deutsche Kollegin Annalena BaerbockBild: Dominik Butzmann/AA/photothek/picture alliance

Angesichts der drohenden Hungersnot unter den Palästinensern im Gazastreifen komme es nun "entscheidend auf die Schnelligkeit der Lieferungen an", sagte Annalena Baerbock in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Die bisherige Abfertigung der Hilfen, die vor allem über den Grenzübergang Rafah kommen, sei zu ineffizient. Es müsse sichergestellt werden, "dass diese Hilfe nicht in bürokratischen Sackgassen strandet". Aktuell sei es "nicht genug, was bei den Menschen ankommt", sagte Baerbock bei einem Treffen mit dem ägyptischen Außenminister Samih Schukri. "Wir sind uns einig, dass das so nicht bleiben kann."

"Die israelische Armee muss mehr tun, um die Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza zu schützen", betonte die Ministerin. "Das Leid so vieler unschuldiger Palästinenser kann so nicht weitergehen." Nötig sei eine deutlich weniger intensive, gezieltere Anti-Terror-Operation der israelischen Armee. Humanitäre Feuerpausen und humanitäre Korridore könnten den "Weg zu einem nachhaltigen Waffenstillstand" öffnen. Baerbock sprach sich erneut für eine Zweistaatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern aus.

Baerbock am Grenzübergang Rafah

Die Außenministerin übergab später am Flughafen in Al-Arish in der Nähe des Grenzübergangs Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen ein Zehn-Tonnen-Hilfspaket für die Palästinenser. Die Güter wurden dem Ägyptischen Roten Halbmond zur Verfügung gestellt. Enthalten sind Isomatten, Decken, Kinderschlafsäcke und Feldbetten. 

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten  und dem Gazastreifen
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem GazastreifenBild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Anschließend besuchte Baerbock auch den Grenzübergang Rafah. Von dort aus wird nach wie vor der Großteil der internationalen Hilfslieferungen für den Gazastreifen abgewickelt. Baerbock hatte Israel schon zu Beginn ihres Nahostbesuches am Sonntag in Jerusalem aufgefordert, mehr Hilfen für die notleidende Bevölkerung in Gaza zuzulassen. Die Abwicklung der Lieferungen müsse praktischer gestaltet werden. Die Menschen brauchten Nahrung, sauberes Wasser und medizinische Versorgung. Deutschland habe daher seine humanitäre Hilfe seit Kriegsbeginn auf mehr als 200 Millionen Euro verdreifacht und stehe "weiter bereit zu unterstützen, wo wir nur können". Die Hilfsgüter müssten dann aber auch ankommen.

Baerbock: "Siedlungsbau ist illegal"

Auslöser des Israel-Hamas-Krieges war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt haben. Nach israelischen Angaben wurden mehr als 1100 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel erklärte der Hamas daraufhin den Krieg und greift den Gazastreifen seither massiv an. Dort seien seit Kriegsbeginn mehr als 23.000 Menschen getötet worden, teilte die Gesundheitsbehörde mit, die von der Hamas kontrolliert wird. Fast 59.000 Menschen erlitten demnach Verletzungen. Diese Angaben können derzeit nicht unabhängig überprüft werden. Die Hamas ist eine militant-islamistische Palästinenserorganisation - die Europäische Union, die USA, Deutschland und weitere Länder stufen sie als Terrororganisation ein.

Blinken: "Schaden" von Zivilisten in Gaza abwenden

US-Außenminister Antony Blinken appellierte bei einem Besuch in Israel an Regierungschef Benjamin Netanjahu, dass weiterer "Schaden" von der Zivilbevölkerung im Gazastreifen abgewendet werden müsse. Nach Angaben des US-Außenministeriums bekräftigte Blinken im Gespräch mit Netanjahu die Unterstützung der USA für das Recht Israels, einen erneuten Angriff der Hamas zu verhindern. Dann habe der Ressortchef aber auch "die Wichtigkeit betont, weiteren zivilen Schaden zu vermeiden und zivile Infrastruktur in Gaza zu schützen", erklärte ein Ministeriumssprecher.

US-Außenminister Antony Blinken (r.) und der israelische Verteidigungsminister Joav Galant in Tel Aviv
US-Außenminister Antony Blinken (r.) und der israelische Verteidigungsminister Joav Galant in Tel Aviv Bild: Evelyn Hockstein/AP Photo/picture alliance

Israels Verteidigungsminister Joav Galant betonte gegenüber Blinken jedoch, dass der Militäreinsatz in der Region Chan Junis im Süden des Gazastreifens weiter intensiviert werde, bis die Führung der Hamas gefasst und die Geiseln sicher nach Hause zurückgekehrt seien. Zudem müsse der Druck auf den Iran erhöht werden, um eine regionale Eskalation des Gaza-Krieges zu vermeiden, teilte das Presseamt Netanjahus weiter mit. Mit Blick auf die Kämpfe mit der Schiitenmiliz Hisbollah im Südlibanon erklärte Galant demnach, Israel bevorzuge eine diplomatische Lösung, sei aber auch zu einem Militäreinsatz bereit. Im Zuge seiner Gespräche traf Blinken auch mit seinem Amtskollegen Israel Katz und mit Präsident Isaac Herzog zusammen.  

Warnung vor Hungertoten im Gazastreifen

Das Welternährungsprogramm (WFP) forderte unterdessen sofortige Maßnahmen gegen die drohende Hungersnot im Gazastreifen. "Wenn es so weitergeht wie gerade, dann sehen wir schon bald Hungertote in Gaza", sagte der Leiter des Berliner Büros der UN-Organisation, Martin Frick, der Nachrichtenagentur AFP. "Wir dürfen nicht erst handeln, wenn eine Hungersnot erklärt wird, denn dann ist es zu spät."

Palästinenser warten im südlichen Gazastreifen auf Lebensmittelspenden
Palästinenser warten im südlichen Gazastreifen auf LebensmittelspendenBild: Mohammed Talatene/picture alliance/dpa

"Schon heute hungert in Gaza praktisch jeder, und jeder vierte Mensch steht an der Schwelle zum Hungertod", sagte Frick. Er betonte, dass seine Organisation derzeit 577.000 Menschen im Gazastreifen in der höchsten Hungerrisiko-Kategorie einstufe. "Nirgendwo auf der Welt leiden mehr Menschen so stark Hunger wie in Gaza derzeit", sagte er. Der UN-Vertreter zeigte sich dankbar dafür, dass Deutschland die Arbeit des Welternährungsprogramms im Gazastreifen "mit substanziellen Beiträgen" unterstütze. "Europa kann hier aber gemeinsam noch mehr leisten", sagte Frick.

kle/gri/stu/sti/jj/tl (afp, dpa, rtr)