Baerbock und Blinken weiter auf diplomatischer Mission
10. Januar 2024Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock hat ihre Nahost-Reise an diesem Mittwoch im Libanon fortgesetzt. Auf dem Programm standen unter anderem ein Treffen mit Ministerpräsident Nadschib Mikati und ein Besuch der Soldaten der UN-Libanon-Mission UNIFIL. Zuvor hatte Baerbock Israel, das Westjordanland und Ägypten besucht.
In der libanesischen Hauptstadt Beirut rief Baerbock die Schiiten-Miliz Hisbollah und Israel dazu auf, ihren Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen. Eine Ausweitung des Konflikts "wäre eine Katastrophe für die beiden Länder", sagte Baerbock. "Was wir brauchen, ist eine maximale militärische Zurückhaltung."
Die Hisbollah wird von Deutschland und anderen Staaten als Terrororganisation eingestuft, spielt aber eine machtvolle Rolle im Libanon - insbesondere im Süden des Landes. Von dort aus feuert die Miliz immer wieder Raketen auf Israel - das seinerseits mit Beschuss über die Grenze hinweg reagiert.
Die Hisbollah müsse sich aus der Grenzregion zu Israel zurückziehen - so wie es die UN-Resolution 1701 verlangt, sagte Baerbock. Auch an Israel richtete die deutsche Außenministerin eine Mahnung: "Der Krieg in Gaza gegen die Hamas darf nicht zum Vorwand genutzt werden, eine weitere Front zu eröffnen und einen regionalen Krieg zu provozieren."
Baerbock kündigte 15 Millionen Euro an zusätzlicher deutscher Unterstützung für Libanons Armee an. "Die libanesischen Streitkräfte müssen eine zentrale Rolle spielen können bei der Umsetzung der Resolution 1701", sagte Baerbock. Diese Resolution sieht vor, dass Libanons Armee im Süden des Landes an der Grenze zu Israel eine demilitarisierte Zone errichtet und überwacht. Der Wunsch nach einer Stärkung der libanesischen Armee sei von beiden Regierungen - denen Israels und des Libanon - an sie herangetragen worden, sagte Baerbock.
Blinken spricht mit Abbas
Zeitgleich hat sich der Außenminister der USA, Antony Blinken, mit Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas in Ramallah im Westjordanland getroffen. Dort hat die palästinensische Autonomiebehörde ihren Sitz. Bei dem Gespräch ging es unter anderem um die zunehmende Gewalt in diesem von Israel besetzten Palästinensergebiet. Im Zuge des Israel-Hamas-Krieges in und um den Gazastreifen am Mittelmeer kommt es auch im Westjordanland zu blutigen Auseinandersetzungen.
Blinken bekräftigte, dass die USA greifbare Schritte zur Schaffung eines palästinensischen Staates unterstützten. Nach US-Angaben stellte der Außenminister in Ramallah klar, dass ein palästinensischer Staat an der Seite Israels existieren müsse, um für Frieden und Sicherheit zu sorgen. Bei dem Gespräch zwischen Blinken und Abbas ging es zudem um die Auszahlung der von Israel im Auftrag der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland eingesammelten Steuereinnahmen. Diese werden von der rechts-religiösen israelischen Regierung derzeit nicht weitergeleitet - was zu zusätzlichen Spannungen zwischen Palästinensern und Israelis führt.
Blinken und Abbas hätten zudem über Verwaltungsreformen diskutiert, die der palästinensischen Bevölkerung zugutekommen würden, teilte das US-Außenministerium mit. Mit Blick auf die Kämpfe im Gazastreifen rief Blinken erneut dazu auf, den Schaden für die Zivilbevölkerung in dem abgeriegelten Küstenstreifen zu minimieren und die Bereitstellung humanitärer Hilfe zu beschleunigen und zu verstärken.
Israels Armee meldet die Entdeckung weiterer Tunnelschächte
Im Gazastreifen setzt Israel seinen Kampf gegen die dort herrschende islamistische Terrororganisation Hamas fort. Israelische Truppen griffen Ziele in der Stadt Chan Junis und im Gebiet des Flüchtlingsviertels Al-Magasi an, die im Zentrum des Küstenstreifens liegen. Dort seien "Dutzende von Terroristen" getötet und 150 weitere Ziele getroffen worden, teilte die israelische Armee mit. Die Truppen hätten 15 Tunnelschächte sowie Raketenwerfer, Raketen, Drohnen und Sprengstoff in Al-Magasi gefunden und Maschinen zur Herstellung von Raketen zerstört, die auf Israel abgefeuert wurden, so die Armee.
In dem Flüchtlingsviertel leben nach Angaben des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge, UNRWA, mehr als 33.000 Menschen auf einer Fläche von 0,6 Quadratkilometern. Die Straßen seien eng und die Bevölkerungsdichte hoch.
Der Gazakrieg war am 7. Oktober durch den Großangriff der von der Europäischen Union und den USA als Terrororganisation eingestuften Hamas ausgelöst worden. Hunderte Hamas-Kämpfer waren nach Israel eingedrungen und hatten Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Nach israelischen Angaben wurden 1140 Menschen getötet und rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.
Israel greift den Gazastreifen seither massiv an. Nach nicht unabhängig überprüfbaren Hamas-Angaben sollen in dem Palästinensergebiet bisher mehr als 23.350 Menschen getötet worden sein. Hilfsorganisationen haben sich wiederholt besorgt über die Situation der Zivilbevölkerung in dem Küstengebiet gezeigt.
AR/sti/wa (dpa, afp, rtr)