Belgiens neue Regierung ist vereidigt
6. Dezember 2011Der neue sozialistische Regierungschef Elio Di Rupo und sein 12-köpfiges Kabinett haben am Dienstagnachmitag (06.12.2011) vor König Albert II ihren Regierungseid abgelegt. Damit ist die bisher schwerste und längste politische Krise in dem vom Sprachenstreit zerrissenen Belgien nach einer Rekordzeit von 541 Tagen ohne parlamentarisch legitimierte Regierung überwunden.
Dem neuen Sechs-Parteien-Kabinett gehören Politiker der Sozialisten, der Christdemokraten und der Liberalen jeweils aus Flandern und der Wallonie an. Nationale Parteien gibt es in Belgien wegen des Sprachenkonflikts nicht. Die meisten neuen Minister gehörten bereits dem Kabinett von Premierminister Yves Leterme an, das seit der Parlamentswahl im Juni 2010 nur noch geschäftsführend im Amt war.
Blockade wegen Sprachenstreit
Der Streit zwischen den frankophonen Wallonen des Südens und den Niederländisch sprechenden Flamen im Norden Belgiens hatte nach der Wahl die Bildung einer neuen Regierung blockiert. Bei den Wahlen war die flämisch-nationalistische N-VA von Bart De Wever stärkste Fraktion geworden. Sie strebt eine Unabhängigkeit Flanderns an. De Wever hatte eine Regierungsbildung lange blockiert und kündigte jetzt eine harte Opposition an.
Im früher ländlich-rückständigen, heute aber wirtschaftlich prosperierenden Flandern gibt es neben dem sprachlichen Vorbehalt gegenüber den französischsprachigen Landsleuten auch das Gefühl, die ökonomisch schwächere Wallonie ständig subventionieren zu müssen.
Einigung auf Staatsreform
Um vor diesem Hintergrund ein mögliches Auseinanderbrechen Belgiens zu verhindern, einigten sich die Parteien der Di-Rupo-Koalition auf eine Staatsreform. Sie sieht mehr Eigenständigkeit für die Regionen vor und regelt den seit Jahren umstrittenen Status von flämischen Gemeinden im Umland der Hauptstadt Brüssel mit einem hohen Anteil von frankophonen Belgiern.
Zur Einigung getrieben wurden die Parteien zuletzt auch durch den Druck der Finanzmärkte, die das Euro-Land Belgien angesichts schwacher Wirtschaftdaten und der unsicheren politischen Lage ins Visier nahmen. Die künftige Regierung hat denn auch ein Sparprogramm angekündigt. Insgesamt 11,3 Milliarden Euro sollen eingespart werden, ein Zehntel des Staatshaushaltes. Unter anderem soll beim Arbeitslosengeld gekürzt und das Renteneintrittsalter erhöht werden. Die Gewerkschaften haben bereits Proteste angekündigt.
Autor: Michael Wehling (dpa/rtr/afp/dapd)
Redaktion: Annamaria Sigrist