Belgischer Pannenmeiler Tihange 2 vom Netz
31. Januar 2023Die Stilllegung des 40 Jahre alten Meilers bei Lüttich sorge "für deutlich mehr Sicherheit in unseren beiden Ländern", sagte die Grünen-Politikerin der Online-Ausgabe der "Rheinischen Post" in Düsseldorf. Der Block zwei des belgischen Kernkraftwerks Tihange wurde am Dienstagabend um 22.45 Uhr abgeschaltet, wie die belgische Nachrichtenagentur Belga unter Berufung auf die Betreibergesellschaft Engie berichtete.
Deutsche Politiker und Atomkraftgegner hatten sich jahrelang für ein Aus des Reaktors eingesetzt, der rund 50 Kilometer von der westdeutschen Stadt Aachen entfernt liegt. Experten stellten bereits 2012 tausende kleine Risse in dem Reaktordruckbehälter fest. Es wurde befürchtet, der Meiler könne bersten und eine radioaktive Wolke freisetzen. Ähnliche Probleme hatte auch ein Meiler im Kernkraftwerk Doel bei Antwerpen, der bereits Ende September endgültig vom Netz ging.
Damit geht nicht nur eine Ära der Angst, sondern auch mehr als ein Jahrzehnt juristischer Streitigkeiten zu Ende. Denn Belgien ließ die "Riss-Reaktoren" zunächst weiterlaufen, ohne die Nachbarländer anzuhören und ohne die Umweltverträglichkeit zu prüfen - widerrechtlich, wie unter anderem der Europäische Gerichtshof urteilte. In Deutschland stieß dies auf Kritik bis hin zur Bundesregierung, auch in Luxemburg und den Niederlanden protestierten Atomkraftgegner.
Bundesumweltministerin Lemke verwies nun auf den Plan Belgiens, im Jahr 2025 drei weitere Reaktoren abzuschalten. "Das ist ein großer Gewinn für die nukleare Sicherheit in Europa", betonte sie.
Für die beiden jüngsten belgischen Atommeiler Tihange 3 und Doel 4 ist dagegen eine Laufzeitverlängerung bis 2035 geplant. Bei ihrer Abschaltung dürften sie dann 50 Jahre auf dem Buckel haben. Darauf hatte sich die Regierung in Brüssel Anfang Januar grundsätzlich mit dem Betreiber Engie verständigt.
Eigentlich wollte Belgien 2025 ganz aus der Kernkraft aussteigen. Doch der Ukraine-Krieg und die Energiekrise haben auch im Nachbarland zu einem Umdenken geführt. Horrende Gas- und Stromrechnungen sowie die Furcht vor flächendeckenden Stromausfällen veranlassten die Regierung von Ministerpräsident Alexander De Croo, die Notbremse zu ziehen.
uh/kle (afp, dpa)