Wirtschaftsinteressen "nachrangig"
27. Juli 2014"Oberste Priorität" habe die Wahrung von Stabilität und Frieden in Europa, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit Blick auf die Ukraine-Krise und die von der EU geplanten neuen Sanktionen gegen Russland der Zeitung "Bild am Sonntag". Würden er oder sein Kabinettskollege, SPD-Chef Sigmar Gabriel, warnen, dass Sanktionen den Wirtschaftsinteressen schadeten, wäre sie die falschen Minister, betonte Schäuble.
"Eine Beeinträchtigung von Frieden und Stabilität wäre im Übrigen die größte Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung", so der Finanzminister.
Forderungen an Russland
Die EU und die USA verlangen von Moskau, in der Ukraine-Krise deeskalierend auf die prorussischen Separatisten einzuwirken, die gegen die Truppen der Zentralregierung in Kiew kämpfen.
Da Russland dem nach Ansicht des Westens insbesondere im Zusammenhang mit dem mutmaßlich von Separatisten abgeschossenen Passagierflugzeugs der Malaysia Airlines nicht ausreichend nachgekommen ist, will die EU weitere Sanktionen verhängen.
Sie sollen sich erstmals gezielt gegen die russische Wirtschaft richten. Geplant ist unter anderem, den russischen Zugang zu europäischen Kapitalmärkten zu beschränken, den Export von Hochtechnologie und neue Waffengeschäfte zu verbieten. Eine endgültige Entscheidung fällt Anfang kommender Woche. Die Chefs der russischen Geheimdienste wurden bereits mit Einreiseverboten in die EU und Kontensperrungen belegt.
"Sanktionen wirken"
Nach Ansicht Schäubles zeigen die bereits verhängten Sanktionen Wirkung: "Tatsache ist: Der Rubel verliert an Wert, das Haushaltsdefizit Russlands steigt, die wirtschaftliche Entwicklung ist schlecht. Das sieht auch der russische Präsident", sagte der CDU-Politiker in dem Zeitungsinterview.
Der deutsche Auslandsgeheimdienst Bundesnachrichtendienst (BND) sieht nach Informationen des Magazins "Der Spiegel" vor dem Hintergrund der Sanktionen Anzeichen für ein Machtgerangel in der Moskauer Führung. BND-Chef Gerhard Schindler habe in einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag und in der wöchentlichen Lagebesprechung im Kanzleramt erklärt, anders als noch zu Beginn der Ukraine-Krise erwartet, schienen sich Brüche im Machtblock von Präsident Wladimir Putin zu zeigen, berichtet die Zeitschrift. Es sei durchaus möglich, dass einige der wegen der EU-Sanktionen besorgten Oligarchen bald wirtschaftliche über politische Interessen stellten und Putin zu bremsen versuchten.
wl/wa/SC (dpa, afp, rtr)