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Deutsche Position zu Timoschenko

Roman Goncharenko10. Oktober 2013

Deutschland erhöht den Druck auf die Ukraine. In Kiew wiederholte Bundesaußenminister Guido Westerwelle das Angebot, die inhaftierte Oppositionsführerin Timoschenko in Berlin medizinisch zu behandeln.

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Ukrainischer Präsident Janukowitsch (l.) mit Außenminister Westerwelle am 10.10.2013 in Kiew (Foto: Reuters)
Der ukrainische Präsident Janukowitsch (l.) mit Außenminister Westerwelle in KiewBild: Reuters

Es ist die wohl letzte Reise des scheidenden Bundesaußenministers nach Kiew. Als Guido Westerwelle am Donnerstag zu einem zweitägigen Besuch in die ukrainische Hauptstadt kam, um an einer Konferenz teilzunehmen, ging es natürlich auch um das Schicksal der ehemaligen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko. Kurz vor der Reise gab es Spekulationen, Westerwelle könnte die inhaftierte Oppositionsführerin sogar in seinem Flugzeug nach Berlin mitnehmen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes wollte auf Nachfrage der Deutschen Welle dazu keine Stellung nehmen. Deutschland bietet seit Monaten an, die an Rückenbeschwerden leidende Timoschenko in der Berliner Charité-Klinik behandeln zu lassen.

Spekulationen über eine mögliche schnelle Ausreise Timoschenkos nach Berlin wurden auch durch jüngste Aussagen des Bundespräsidenten befeuert. "Ich glaube, dass wir Taten sehen werden, die uns zufriedenstellen", sagte Joachim Gauck am Mittwoch (09.10.2013) nach Gesprächen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Viktor Janukowitsch am Rande eines Treffens im polnischen Krakau. Gauck setzte sich für eine Lösung im Fall Timoschenko ein, so sein Sprecher gegenüber der DW. Für den Bundespräsidenten sei dies ein "Gradmesser der Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit der Bemühungen der Regierung Janukowitsch bei der Entwicklung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit", sagte der Sprecher.

Tauziehen um Timoschenko

2011 trifft Außenminister Guido Westerwelle die frühere ukrainische Regierungschefin und Oppositionsführerin Julia Timoschenko in Kiew (Foto: dpa)
Andauernde Spekulationen über Timoschenkos (l.) Ausreise nach BerlinBild: picture-alliance/dpa

Außenminister Westerwelle bekräftige in Kiew nochmals die Bereitschaft, Timoschenko in Deutschland medizinische Hilfe zu leisten: "Deutschland hat sein Angebot gemacht". Man befinde sich in schwierigen Verhandlungen, so Westerwelle. Einzelheiten nannte er nicht. Bereits im Juni hatte der deutsche Chefdiplomat in Kiew Gespräche geführt. Der ukrainische Außenminister Leonid Koschara sagte, eine Lösung im Fall Timoschenko sei nur im Rahmen der ukrainischen Gesetze möglich. Früher hatte er immer wieder erklärt, die Gesetze sähen eine medizinische Behandlung von Häftlingen im Ausland nicht vor.

Der Poker um die inhaftierte ukrainische Oppositionsführerin geht damit in die nächste Runde. Ihre Freilassung gilt als eine zentrale Bedingung der Europäischen Union für die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Das ausgehandelte Abkommen liegt seit rund zwei Jahren wegen der Inhaftierung Timoschenkos auf Eis. Bei einem Gipfel der EU-Initiative "Östliche Partnerschaft" Ende November im litauischen Vilnius wollen beide Seiten das Abkommen unterzeichnen. Die EU-Bedingungen, darunter eine humanitäre Lösung im Fall Timoschenko müssen jedoch erfüllt werden, heißt es in Brüssel und Berlin.

Timoschenko sitzt seit über zwei Jahren hinter Gittern. Die 52-Jährige wurde in einem international kritisierten Prozess zu sieben Jahren Haft verurteilt. Das Gericht beschuldigte sie, bei der Unterzeichnung von Gasverträgen mit Russland im Jahr 2009 ihre Kompetenzen als Ministerpräsidentin überschritten zu haben. Timoschenko weist diese Vorwürfe zurück und spricht von politisch motivierter Justiz. Auch westliche Länder haben den Prozess kritisiert. Timoschenko wird wegen eines Rückenleidens in einem Krankenhaus im ostukrainischen Charkiw behandelt. Als Berater reisen regelmäßig Ärzte der Berliner Charité in die Ukraine.

Janukowitsch unter Zugzwang

Inzwischen steigt der öffentliche Druck auf den ukrainischen Präsidenten fast täglich. So haben der frühere polnische Präsident Alexander Kwasniewski und der frühere EU-Parlamentspräsident Pat Cox aus Irland Anfang Oktober Janukowutsch schriftlich gebeten, Timoschenko zu begnadigen. Kwasniewski und Cox reisen regelmäßig in die Ukraine, um im Auftrag des EU-Parlaments Fälle der so genannten "selektiven Justiz" zu beobachten. Die Opposition im ukrainischen Parlament hat rund 170 Unterschriften für eine Begnadigung Timoschenkos gesammelt. Auch der frühere ukrainische Präsident Leonid Kutschma sprach sich dafür aus, sie nach Deutschland ausreisen zu lassen.

Anhänger der inhaftierten früheren ukrainischen Premierministerin Julia Timoschenko demonstrieren 2013 in Kiew (Foto: Reuters)
Die Freilassung Timoschenkos gilt als Bedingung für die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EUBild: Reuters

Doch Janukowitsch zeigt sich bislang von dem innen- und außenpolitischen Druck unbeeindruckt. Zunächst müsse man alle Gerichtsverfahren gegen Timoschenko abwarten, sagte er mehrmals. Es sind mehrere Verfahren, auch wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Die Abgeordnete der regierenden "Partei der Regionen" und enge Vertraute des Präsidenten, Anna Herman, sagte, Janukowitsch werde Timoschenko nicht vor dem Gipfel in Vilnius begnadigen. Der Präsident werde seine Entscheidung nicht unter Druck fällen.

Mit Spannung wird nun der Bericht der EU-Beobachter Kwasniewski und Cox in der kommenden Woche erwartet. Am Dienstag (15.10.2013) wollen die beiden die Ergebnisse ihrer Mission im Fall Timoschenko der EU-Kommission und dem EU-Parlament vorstellen. Von diesem Bericht hängt ab, ob die Europäische Union das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine unterschreibt.