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Berlusconi: EU-Bilanz mit Makeln

Bernd Riegert / bys30. Dezember 2003

Die EU-Ratspräsidentschaft des italienischen Regierungschefs Berlusconi begann mit einem Eklat im EU-Parlament und endete mit einem Fiasko beim Verfassungsgipfel.

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Umstritten: Silvio BerlusconiBild: AP

Die Gefühle in Brüssel waren gemischt, als am 1. Juli dieses Jahres Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft übernahm. Kam doch mit Berlusconi jemand nach Brüssel, der als Medienmogul nahezu das gesamte Fernsehen in Italien kontrolliert und es zu Hause in Rom versteht, Gesetze im ureigensten Interesse zu schmieden. So konnten Berlusconi bislang all die Verfahren wegen Bilanzfälschung, illegaler Parteienfinanzierung, Steuerbetrug und Bestechung von Finanzbeamten und Richtern nichts anhaben. Sie wurden eingestellt - mal mangels Beweisen, mal wegen Verjährung.

Auftakt mit Tumulten

Auch die Diffamierungen der italienischen Justiz durch den Regierungschef, die Richter führten als "Rote Roben" einen Putsch im Sinne, schürte das Misstrauen des Brüsseler Rates gegen den Italiener. Gleich zum Auftakt seiner EU-Ratspräsidentschaft im Juli sorgte Berlusconi dann für Unmut: Er rückte den deutschen Europa-Abgeordneten Martin Schulz (SPD) in die Nähe eines KZ-Wächters, nachdem dieser Berlusconi wegen dessen Verzögerungstaktik bei mehreren innen- und rechtspolitischen Themen kritisiert hatte. "Herr Schulz, wenn wir in Italien einen Film über Nazi-Konzentrationslager produzieren würden, bekämen Sie die Rolle des Aufsehers."

Schröder und Berlusconi telefonieren
Bundeskanzler Gerhard Schröder und der italienische Ministerpräsident Silvio BerlusconiBild: AP

Später vertrugen sich Berlusconi und Schulz nach einer halbherzigen Entschuldigung des Ratspräsidenten zwar wieder, doch war dies nicht die einzige Entgleisung Berlusconis während seiner Amtszeit. Auch beim EU-Russland-Gipfel in Rom verärgerte der Rats-Chef die Europäer. Er hatte sich zum Schutzpatron des Kreml-Chefs Wladimir Putin aufgeschwungen und ihn gegen die Vorwürfe in der Yukos-Affäre und der Tschetschenien-Politik verteidigt.

Der Triumph blieb aus

Dabei hätte Berlusconi gerne eine herausragende Rolle im europäischen Integrationsprozess gespielt. Angetreten war er mit dem Ziel, am Ende seiner EU-Amtszeit die Verhandlungen über die künftige europäische Verfassung zum glänzenden Abschluss zu bringen. Daraus ist nichts geworden. Und auch wenn Berlusconi den Abbruch des Verfassungsgipfels als angemessen verteidigte, da er "keinen faulen Kompromiss" wollte, so wirft das Scheitern des Gipfels eben doch ein wenig rühmliches Bild auf das Wirken Italiens an der EU-Spitze.

Viele Brüsseler Delegierte machen Berlusconi wegen seiner "chaotischen Verhandlungsführung" mitverantwortlich für das Scheitern. "Das Kompromisspapier von Herrn Berlusconi erwies sich als eine eiskrem-befleckte Serviette mit einigen darauf gekritzelten schlechten Witzen", so der liberaldemokratische Europa-Abgeordnete Graham Watson. Berlusconi hingegen konterte, die italienische Präsidentschaft habe alles gegeben, doch habe es am Willen der anderen gemangelt: "Tatsächlich haben wir in 82 strittigen Punkten Einigkeit erreicht, wo eine Einigung fast ausgeschlossen schien. Insofern hat die Konferenz doch auch ein positives Ergebnis gebracht."

Spitzenniveau vor allem bei der Weinkarte

Bereits unmittelbar nach dem Gipfel erklärte Berlusconi, seine Präsidentschaft sei eine der ruhmreichsten der letzten Jahre gewesen. Das wiederum bestreitet der Präsident der Europäischen Kommission, Romano Prodi - innenpolitisch Berlusconis Gegner, der voraussichtlich bei den nächsten Wahlen in Italien gegen diesen antreten will. Prodi weist darauf hin, dass von 13 großen Vorhaben der italienischen Präsidentschaft nur fünf umgesetzt worden seien. Wichtigste Initiative: das Wirtschaftsprogramm Quickstart, das eine Reihe von Milliardenschweren Infrastrukturprojekten anschieben soll.

Berlusconi selbst listet als Erfolg die Einrichtung einer europäischen Grenzschutzagentur und die Verteilung von neuen europäischen Behörden auf zehn Mitgliedsstaaten auf. Einen Herzenswunsch erfüllte er sich ebenfalls: Die Agentur für Lebensmittelsicherheit holte der italienische Regierungschef nach Parma. Sein Argument: In der Schinken-Metropole gebe es so überaus gute Restaurants. Die Klasse der italienischen Küche konnte die italienische Präsidentschaft während ihrer Amtszeit in Brüssel unter Beweis stellen. Großes Lob gab es von den Diplomaten in Brüssel: Die Bewirtung bei den zahlreichen Arbeitsessen im Ratsgebäude und die Weinkarte hätten sich wirklich auf Spitzenniveau bewegt.