Beteiligung an UN-Truppe ist Sache der einzelnen EU-Länder
14. August 2006Der Hohe Beauftragte der EU für die Außenpolitik, Javier Solana, sagte kurz nach der Rückkehr von einer Reise in den Libanon und nach Israel, er erwarte, dass bereits Ende der Woche oder Anfang nächster Woche die ersten europäischen Truppen stationiert würden. Er wolle helfen, die Vorbereitungen zu koordinieren, auch wenn die Truppe nach der Resolution 1701 des Weltsicherheitsrates klar von den Vereinten Nationen geführt werde. Technisch handelt es sich um eine Ausweitung der bereits seit 1978 existierenden UN-Truppe UNIFIL, die die so genannte blaue Linie, die Grenze zwischen Libanon und Israel, überwachen soll.
Frankreich soll führen
In Brüssel wird erwartet, dass Frankreich die militärische Führung im Südlibanon übernimmt. Frankreich hat eine besondere Beziehung zum Libanon, weil es das Land von 1920 bis 1943 im Auftrag des Völkerbundes verwaltete. 5000 französische Soldaten werden voraussichtlich den Kern der Blauhelmtruppe stellen, die insgesamt 15.000 Mann umfassen soll. Der italienische Außenminister Massimo d'Alema hat angekündigt, sein Land wolle rund 3000 Soldaten entsenden. Auch Spanien, Finnland und Portugal sind angeblich bereit, Soldaten zu stellen.
Der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora ließ am Sonntag (13.8.) erklären, als Nicht-EU-Staaten hätten Indonesien, Malaysia, Marokko und die Türkei ihre Teilnahme angekündigt.
Deutsche Soldaten in Nahost?
Die deutsche Bundesregierung hat noch nicht über eine mögliche Beteiligung der Bundeswehr entschieden, die von Israel befürwortet wird. Denkbar sei logistische Unterstützung für die UN-Truppe, hieß es in Berlin. Der oberste Bundeswehrgeneral Wolfgang Schneiderhan warnte aber davor, aus der Zurückhaltung der Bundesrepublik falsche Schlüsse zu ziehen: Die Bundeswehr sei mit ihren jetzigen Auslandseinsätzen keineswegs überfordert.
Machtlos bei Entwaffnung
Die erweitere UNIFIL-Mission hat bislang nur ein vorläufiges Mandat vom Sicherheitsrat bekommen. Sie soll dafür sorgen, dass der Waffenstillstand eingehalten wird und Hilfslieferungen die Zivilbevölkerung erreichen. Sie kann sich selbst verteidigen, darf aber den Frieden nicht mit Waffengewalt erzwingen - etwa durch direkte Kämpfe mit der Hisbollah-Miliz oder mit israelischen Soldaten. Der französische Außenminister Philippe Douste-Blazy sagte in einem Zeitungsinterview, es sei nicht Auftrag der UN-Truppe, die Hisbollah zu entwaffnen, was aber den Kern des Konflikts darstellt.
Eine zweite Resolution des UN-Sicherheitsrates ist nötig, um den Auftrag zu präzisieren. Zu den 15.000 UN-Blauhelmen sollen 15.000 Mann der regulären libanesischen Armee kommen, die in der Vergangenheit den Südlibanon der Hisbollah überlassen hatte. Bislang soll sich die Hisbollah, die auch in der libanesischen Regierung vertreten ist, weigern, ihre Waffen im Süden des Landes abzugeben.
Zwei Wochen Aufbauarbeiten
Wie schnell den Ankündigungen der EU und anderer Truppensteller nun Taten folgen, bleibt abzuwarten. In der Vergangenheit, zum Beispiel bei der Formierung der Wahlbeobachter für den Kongo, gab es immer wieder Schwierigkeiten, Truppen und Ausrüstung zu finden. Ein israelischer Offizieller ging davon aus, dass die UN-Truppen erst in vierzehn Tagen im Libanon stationiert würden. Zunächst müssten Brücken und Straßen behelfsmäßig repariert werden, die in den Kämpfen zerstört wurden.
Der EU-Kommissar für Entwicklungshilfe Louis Michel ist am Montag (14.8.) in den Libanon gereist. Er versprach Hilfe der Europäer, um zerstörte Infrastruktur wieder aufzubauen sowie Flüchtlinge zu versorgen und in ihre Heimat zurückzuführen. Dafür ist eine kurzfristige Hilfe von 50 Millionen Euro vorgesehen. Die Außenminister der EU hatten bei ihrem letzten Treffen in Brüssel bereits bekräftigt, die EU werde sich in großem Stil am Wiederaufbau beteiligen. Schweden will am 31. August eine Geberkonferenz für den Libanon ausrichten. Ob sich die EU auch an der Beseitigung der Schäden beteiligen wird, die durch rund 3000 Hisbollah-Raketen im Norden Israels entstanden sind, war in Brüssel nicht zu erfahren.