Biden besorgt: Baldiger Anschlag möglich
29. August 2021Joe Biden war am Samstagnachmittag in Washington mit seinem Sicherheitsberater und den Kommandeuren der US-Armee zusammengekommen, um über die Lage in Afghanistan zu beraten. Danach wandte sich der amerikanische Präsident an die Öffentlichkeit und warnte: "Die Gefahr von Terroranschlägen auf den Flughafen bleibt hoch."
Nach Einschätzung der Armeeführung sei "ein Anschlag in den nächsten 24 bis 36 Stunden sehr wahrscheinlich", so Biden. Auch die deutsche Bundesregierung warnte, es bestehe weiter ein hohes Anschlagsrisiko.
Bei einem Selbstmordattentat vor einem Tor des Flughafens von Kabul waren am Donnerstag mehr als 160 Menschen getötet worden - unter den Opfern auch 13 US-Soldaten. Die Vereinigten Staaten hatten daraufhin am Freitag einen IS-Unterschlupf in der afghanischen Provinz Nangarhar angegriffen.
"Jeder Angriff wird vergolten"
Bei dem Drohnenangriff wurden dem US-Militär zufolge zwei hochrangige Mitglieder der Terrormiliz getötet. Und US-Präsident Biden gibt sich weiterhin entschlossen: "Wir werden weiterhin alle, die in diesen niederträchtigen Anschlag verwickelt waren, jagen, fassen und dafür bezahlen lassen." Jeglicher Angriff auf US-Interessen oder das Militär werde vergolten werden, warnte er. "Dieser Angriff war nicht der letzte".
Die neuen Machthaber in Afghanistan, die radikal-islamischen Taliban verurteilten den US-Vergeltungsschlag gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" als "klaren Angriff auf afghanisches Gebiet". Jedoch baten die Taliban ihrem Sprecher zufolge die USA und andere westliche Länder, diplomatische Beziehungen in Zukunft aufrechtzuerhalten.
US-Militär leitet Abzug ein
Inzwischen hat der letzte britische Flieger mit militärischem Personal Kabul verlassen. Das teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Mittlerweile hat auch das US-Militär mit dem Abzug seiner Truppen vom Flughafen Kabul begonnen. Der Prozess sei gestartet worden, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, am Samstag. Gleichzeitig widersprach er entschieden Aussagen der Taliban, wonach die USA "zwei, drei" Zugänge zum Flughafen in der Nacht zu Samstag an die neuen Machthaber in Kabul übergeben hätten.
Die Taliban hätten Sicherheitskontrollen rund um den Flughafen errichtet, so Kirby. "Aber sie kontrollieren keine Tore". Auch seien keine der radikal-islamischen Kämpfer auf dem Flughafengelände. Das US-Militär werde noch bis zum geplanten Abzug am Dienstag für Sicherheit und Betrieb des Airports verantwortlich sein, sagte Kirby. Alle Eingangstore des Flughafens stünden weiter unter Kontrolle der US-Soldatinnen und Soldaten.
Mit dem bevorstehenden Ende der US-Evakuierungen bereiten sich die Taliban auf den Aufbau einer Regierung in Afghanistan vor. In den nächsten Tagen wollten sie das vollständige Kabinett bekannt geben, sagte ein Taliban-Sprecher am Samstag. Die Vertreter von wichtigen Behörden wie dem Gesundheits- und Bildungsministerium sowie der Zentralbank seien bereits ernannt worden. Zudem gehe man davon aus, dass die Turbulenzen der heimischen Währung bald enden dürften, gab sich der Taliban-Sprecher optimistisch.
AR/fab (afp, dpa, rtr)