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Eine deutsche Großbaustelle

Tillmann Bendikowski25. März 2013

Jede Woche neu: ein Bild und seine Geschichte. Diese Woche gehen wir zurück in das Jahr 1853. Damals wurde in Köln an einer Großbaustelle gebaut.

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Preussen, Rheinland, Koeln: Suedseite des Doms ohne Tuerme - 1853 COLOGNE CATHEDRAL, 1853. The south side of the cathedral of Cologne, Germany. Work on the huge Gothic cathedral came to a halt in 1560. In 1842, the Prussian state began construction of the towers, which were completed in 1880. German photograph, 1853. ullstein bild - histopics
Deutschland Geschichte Köln Südseite des Doms 1853Bild: ullstein bild - histopics

Historisch betrachtet kennen sich die Deutschen mit Großbaustellen durchaus aus. Diese Erkenntnis mag trösten angesichts der aktueller Debatten um Stuttgart 21, den Berliner Großflughafen oder die Hamburger Elbphilharmonie. Hier also ein beruhigender Blick in die Geschichte: Dieses Foto aus dem Jahr 1853 zeigt die Arbeiten am Kölner Dom, für dessen Realisierung die Deutschen gut 600 Jahre brauchten und lange Pausen einlegten.

Im 13. Jahrhundert begannen die Bauarbeiten, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts zum Erliegen kamen. Die schöne gotische Kathedrale blieb unvollendet, es fehlte am Geld. Gut 300 Jahre bestimmte der unfertige Bau das Stadtbild Kölns, und die Welt ist bekanntlich deshalb nicht untergegangen.

Das drohte einem berühmt-berüchtigten Ausspruch der Kölner zufolge ja auch erst für den Fall, dass der Dom einst fertig würde. Und ausgerechnet der oberste Protestant in Preußen gab den Anstoß, das zu überprüfen: Friedrich Wilhelm IV. wollte den Weiterbau als Symbol für eine neue Zeit nutzen, und am 4. September 1842 wurde dies mit einem großen Dombaufest gefeiert.

Die Vollendung sollte ein Zeichen der inneren Einheit Preußens sein. Der Streit zwischen protestantischem Staat und katholischer Kirche hatte zu ständigen Konflikten geführt. Jetzt sollte endlich Frieden einkehren – und der Kölner Dom als Symbol der nationalen Einheit wuchs und gedieh. Nach fast 40 Jahren war er 1880 fertig.

Inzwischen war das Deutsche Reich mit Wilhelm I. als Kaiser an der Spitze gegründet. Doch Grund zum Feiern gab es eigentlich nicht. Der Dom als Symbol nationaler Einheit war zwar fertig, doch um die Einheit selbst war es schlecht bestellt: Kulturkampf und Sozialistengesetze machten Katholiken und Sozialdemokraten schlicht zu „Reichsfeinden“. Die kaiserliche Gesellschaft war tief gespalten, und die Spuren dieser Diffamierungen sollten noch weit ins 20. Jahrhundert reichen. Die nationale Einheit war und blieb das zentrale Thema – und damit die eigentliche deutsche Großbaustelle.