Bitterer Denkzettel für Premierministerin May
13. Dezember 2017Kurz vor der Entscheidung der EU-Staats- und Regierungschefs über die Ausweitung der Brexit-Gespräche hat die britische Premierministerin Theresa May eine herbe Niederlage aus den eigenen Reihen hinnehmen müssen. Bei einer Abstimmung sicherten sich die Abgeordneten am Abend gegen den Willen der Regierung ein Veto-Recht über das Brexit-Abkommen. Mehrere Abweichler aus der Regierungsfraktion hatten sich dafür mit der Opposition verbündet. Der Änderungsantrag zum Gesetz über den Austritt aus der Europäischen Union wurde mit 309 Stimmen angenommen, 305 Abgeordnete votierten dagegen.
Der vom konservativen Abgeordneten und Ex-Generalstaatsanwalt Dominic Grieve eingereichte Änderungsantrag sieht vor, dass das britische Parlament ein Abkommen mit der Europäischen Union über einen EU-Austritt des Landes absegnen muss. Die Parlamentarier wollen sich damit mehr Einfluss auf die Brexit-Verhandlungen in Brüssel sichern. Verfechter eines harten Brexits kritisieren, damit würden der Regierung in den Austrittsverhandlungen mit der EU "die Hände gebunden". Die konservative Abgeordnete Antoinette Sandbach hielt dagegen, der Brexit sei eine so bedeutende Angelegenheit, dass das Parlament eine zentrale Rolle spielen müsse.
Druck auf May steigt
Mit dem EU-Austrittsgesetz soll die Geltung von EU-Recht in Großbritannien beendet werden. Gleichzeitig sollen alle EU-Vorschriften in nationales Recht übertragen werden, damit beim Austritt kein Chaos entsteht. Sollte es bei der Entscheidung bleiben, käme die britische Regierungschefin weiter unter Druck. Denn sie regiert mit einer dünnen Mehrheit von nur sieben Mandaten. Jetzt muss sie möglicherweise Zugeständnisse an EU-freundliche Abgeordnete in der Regierungsfraktion machen, um das Ja des Parlaments zum Abkommen mit Brüssel zu erhalten. Das könnte bedeuten, dass sie weiter von ihrer harten Brexit-Linie abrücken muss.
Vor der Parlamentsabstimmung hatten May und ihre Minister bis zuletzt versucht, die rebellierenden Abgeordneten des eigenen Lagers auf ihre Seite zu ziehen, und gegen das Veto-Recht argumentiert. Eine britische Regierungssprecherin erklärte, die Entscheidung sei zwar enttäuschend. Sie werde aber nicht die Vorbereitungen von Mays Kabinett für den Abschied Großbritanniens aus der EU aufhalten.
Handicap für Gipfel-Teilnahme
Durch die Abstimmungsschlappe reist May geschwächt zum EU-Gipfel in Brüssel, der an diesem Donnerstag beginnt. Bei dem zweitägigen Treffen entscheiden die EU-Staats- und Regierungschefs, ob die zweite Verhandlungsphase beginnen kann, bei der es unter anderem um die künftigen Handelsbeziehungen zwischen Brüssel und London geht.
London und die EU hatten vergangene Woche eine Einigung in wichtigen Streitpunkten verkündet, die bisher den Beginn der nächsten Phase der Brexit-Verhandlungen verhindert hatten. Bei diesen Streitpunkten handelt es sich um die Finanzforderungen der EU an Großbritannien, die künftigen Rechte der 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien und die Ausgestaltung der Grenze zwischen Irland und Nordirland.
kle/gri (afp, dpa, rtr)