Elektroauto aus Carbon
18. September 2013"Die Revolution hat begonnen", verkündete dieser Tage BMW-Entwicklungschef Herbert Diess stolz auf der IAA, der Internationalen Frankfurter Automobilausstellung. Flankiert von großen Videowänden moderierte er den Star der Präsentation an: Das neue Elektroauto BMW i3.
Revolutionär an dem Wagen ist vor allem seine Karosserie: Nicht in einem vergleichsweise schweren Blechkleid kommt der neue Wagen daher, sondern in einem aus leichtem Carbon. Das soll das Mehrgewicht der Batterie ausgleichen und ihm eine passable Reichweite verschaffen. Das teure Material, das bislang in der Luftfahrt oder der Formel1 zum Einsatz kam, hat damit den Massenmarkt erreicht. Dafür hat BMW eigens ein Joint-Venture mit dem Spezialisten SGL Carbon gegründet.
Carbon statt Atom in Wackersdorf
In einer Industriehalle im bayerischen Wackersdorf ziehen große Maschinen kilometerweise schwarze Carbonfaserbündel in sich hinein, von dutzenden Spulen, die aus den USA angeliefert werden. Auf dem Gelände, auf dem die regionale Bevölkerung in den 1980er Jahren erfolgreich gegen eine geplante Wiederaufbereitungsanlage für Atommüll gekämpft hat, wird die Faser der Zukunft verarbeitet.
Wackersdorf ist einer der beiden Standorte von SGL Automotive Carbon Fibers, der Gemeinschaftsfirma von BMW und SGL Carbon. Das zweite Werk steht in Moses Lake in den USA. "Wir verarbeiten hier Carbonfaser-Spulen zu Gelegen", erklärt Pressesprecherin Katharina Schraidt, "man kann sich das wirklich vorstellen als breite Matten, wie ein Teppich". Tatsächlich: Was die Maschinen hinten fertig vernäht aufwickeln, erinnert an die großen Teppich-Rollen im Baumarkt. Es ist das Rohmaterial, aus dem später Autoteile geformt werden.
Teures Material für die Massenproduktion
Das Gemeinschaftsunternehmen in Sachen Carbon soll BMW den entscheidenden Vorsprung bei der Nutzung des Zukunftsmaterials verschaffen. "Carbon ist sehr teuer", so Katharina Schraidt, "es gibt bislang kein Unternehmen, das Carbon für den Massenmarkt herstellt". Bislang seien die Teile als Einzelstücke oder in Handarbeit gefertigt worden. "Das war natürlich keine Alternative für uns", meint die junge Frau: "Wir wollen den i3 für den Massenmarkt fertigen."
Die Massenproduktion von Carbonteilen erschwinglich machen – daran haben BMW und SGL Carbon jahrelang gearbeitet, und genau das ist das Geheimnis dieser Maschinen in Wackersdorf. Seit Ende Juli läuft die Produktion der Carbonmatten mit über 100 Mitarbeitern, bei seinem neuen Elektroauto i3 setzt BMW voll auf das innovative Material. Der Grund: Seine idealen Eigenschaften. "Carbon ist sehr stabil, und es ist auch viel leichter als Stahl und Aluminium", wirbt Pressesprecherin Schraidt. Mit der Fahrgastzelle aus Carbon will BMW in erster Linie Gewicht sparen - um bei der Reichweite des Elektrofahrzeugs zu punkten. "Je höher die Reichweite, umso attraktiver das Fahrzeug", so Schraidt.
Ein Auto aus verschiedenen Werken
Geformt werden die Carbonfaser-Matten im BMW-Werk Landshut, anschließend gehen die Karosserieteile nach Leipzig, hier ist die Endmontage des i3. Auch das weltgrößte BMW-Werk im niederbayerischen Dingolfing ist an der Produktion beteiligt. Dort werden wichtige Komponenten für den Antriebsstrang des neuen Elektroautos gefertigt.
Ein echtes E-Mobil und kein umgebautes Auto
Das Projekt i3 wird in der Branche mit Spannung verfolgt: Ein großer Autokonzern packt die Elektromobilität entschieden an. "Natürlich setzen wir damit ein deutliches Zeichen im Markt", meint Walter Huber, BMW-Sprecher für die Standorte Wackersdorf und Regensburg: "Das ist ein mutiger Schritt, von dem wir aber überzeugt sind." BMW baue nicht einfach ein bestehendes Auto zum Elektrofahrzeug um. Der i3 sei von Anfang an als Elektroauto konzipiert worden, betont Huber. Das betrifft nicht nur die Karosserie. Schon in der Anfangsphase habe man gründlich den Markt sondiert und die "Mobilitätsbedürfnisse der Kunden" abgefragt.
In sanftem Orange und in Silber steht der futuristisch designte Kleinwagen nun auf der IAA, aufladbar an jeder Steckdose, Reichweite bis zu 150 Kilometer. Die Käufer können zudem spezielle Dienstleistungen erwarten: Wer mal weiter fahren muss, bekommt zum Beispiel ein anderes Auto gestellt. Der BMW i3 startet bei 35.000 Euro. Auf den Markt kommt das Elektroauto voraussichtlich zum Jahreswechsel.