Morales zieht nach Argentinien
12. Dezember 2019Die Odyssee von Evo Morales geht weiter: Nach Stationen in Mexiko und Kuba will sich Boliviens Ex-Präsident nun in Argentinien niederlassen. "Er ist gerade angekommen. Er ist gekommen, um zu bleiben", sagte der argentinische Außenminister Felipe Solá im Fernsehsender TN. Ihm sei ein Flüchtlingsstatus eingeräumt worden und er könne politisches Asyl beantragen. Morales erklärte auf Twitter, er werde in Argentinien "weiter für die Ärmsten kämpfen".
Morales war vor einem Monat unter dem Druck des Militärs zurückgetreten, nachdem ihm von der Opposition und internationalen Wahlbeobachtern Betrug bei der Präsidentenwahl im Oktober vorgeworfen worden war. Er setzte sich ins Exil nach Mexiko ab, in Bolivien übernahm daraufhin eine Interimsregierung die Amtsgeschäfte. Die Anhänger des ersten indigenen Präsidenten des Landes sowie seine Verbündeten in der Region sprechen von einem Putsch.
Morales reiste aus Kuba an, wo er sich in den vergangenen Tagen einem Gesundheitscheck unterzogen hatte. Seine zwei Kinder waren bereits vor drei Wochen nach Argentinien gekommen. "Evo Morales fühlt sich hier besser als in Mexiko", sagte Außenminister Solá. Sein mexikanischer Amtskollege Marcelo Ebrard schrieb auf Twitter, Morales habe sich bei ihm für die Großzügigkeit des mexikanischen Volkes bedankt.
Bereits zuvor war darüber spekuliert worden, dass Morales sich nach dem Regierungswechsel in Buenos Aires in Argentinien niederlassen will. Dort ist er näher an seinem Heimatland und kann sich vor den geplanten Neuwahlen im kommenden Jahr besser mit seinen Anhängern von der linken Bewegung MAS abstimmen.
Am Dienstag hatte der neue argentinische Präsident Alberto Fernández die Amtsgeschäfte übernommen. Er ist Morales deutlich wohlgesonnener als die konservative Vorgängerregierung. "Wir erkennen die De-facto-Regierung in Bolivien nicht an", sagte Außenminister Solá. "Wir hoffen, dass es sobald wie möglich Neuwahlen gibt." Allerdings stellt auch die neue argentinische Regierung Bedingungen an ihren prominenten Gast. "Wir wollen, dass Evo Morales sich dazu verpflichtet, sich in Argentinien nicht politisch zu äußern", sagte der Außenminister. Bislang tut der bolivianische Ex-Präsident seine Meinung zur Lage in seiner Heimat täglich mehrfach auf Twitter kund.
Ausschreitungen sollen untersucht werden
Die Übergangsregierung in Bolivien will derweil die gewalttätigen Ausschreitungen im Oktober und November von einer unabhängigen Kommission untersuchen lassen. Wie die Tageszeitung "La Razon" berichtet, sollen der Kommission internationale Botschafter, Vertreter der Europäischen Union, ein Repräsentant der Vereinten Nationen und Vertreter der katholischen Kirche angehören.
Zuvor hatten Vertreter der Übergangsregierung einen Bericht der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) als haltlos bezeichnet, der von schweren Menschenrechtsverletzungen in Bolivien während der Krise berichtete. Demnach starben 30 Menschen, mehr als 800 Personen wurden verletzt, rund 360 Menschen festgenommen. Laut dem Bericht gab es zahlreiche Hinweise über den Einsatz exzessiver Gewalt durch die Polizei und die Streitkräfte.
Am Dienstag hatten Ermittler Morales' Haus in La Paz "auf gerichtliche Anweisung hin" durchsucht. Sichergestellte Computer würden nun nach Belegen für mögliche "Terror- und Aufruhr-Straftaten" überprüft, sagte Staatsanwalt Rudy Terrazas der amtlichen Nachrichtenagentur ABI.
Vorwürfe gegen Morales
Morales' Nachfolgerin, Interimsstaatschefin Jeanine Áñez, wirft Morales und anderen vor, während der Proteste gegen die Präsidentschaftswahl Gewalt geschürt zu haben. Ihre Regierung bezichtigt Morales zudem, seine Anhänger nach seiner Flucht nach Mexiko zu Straßenblockaden aufgerufen und damit Engpässe bei der Lebensmittel- und Treibstoffversorgung ausgelöst zu haben.
Bolivien wurde nach der Präsidentschaftswahl am 20. Oktober von heftigen Unruhen erschüttert. Ungeachtet der Betrugsvorwürfe bestand Morales, der seit 2006 regierte, zunächst auf einem Sieg im ersten Durchgang. Eine Kommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sprach in einem Abschlussbericht von schwerwiegenden Manipulationsversuchen bei der Wahl.
stu/wa (dpa, kna, afp)