Brasilien erstmals im Minus
1. September 2015Im kommenden Jahr wird es um die Staatsfinanzen schlechter gestellt sein, als bisher angenommen, das glaubt die brasilianische Regierung. In den am Montag veröffentlichten Planungen rechnet sie nun für 2016 mit einem Defizit im Primärhaushalt.. Zuvor hatte die Regierung einen leichten Überschuss Prozent der Wirtschaftsleistung erwartet. Die nötige Neuverschuldung, um das Staatsdefizit für 2016 auszugleichen, würde bei knapp 30,5 Milliarden Reãis (ca. 7,6 Milliarden Euro) liegen.
Mit dem schwachen Ausblick will Präsidentin Dilma Rousseff den Kongress unter Druck setzen, die Finanzlage wieder auf Vordermann zu bringen. Rousseff muss dringend neue Einnahmequellen erschließen. Der Kongress hat Widerstand bei bestimmten unbeliebten Sparmaßnahmen angedroht. Planungsminister Nelson Barbosa sagte, dass Brasilien das Defizit mit einer Reihe von Maßnahmen vermeiden könnte. Währenddessen hatten die Ratingagenturen Brasilien bereits davor gewarnt, sie könnten das südamerikanische Land weiter herabstufen.
Roussefs Bemühungen wenig erfolgreich
Die Gesetzesvorlage geht von einem Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent im kommenden Jahr aus. Die Inflation im Jahr 2016 wird von der Regierung auf 5,4 Prozent geschätzt nach 9,3 Prozent, die für dieses Jahr erwartet werden.
Brasiliens Wirtschaft war im Frühjahr kräftig geschrumpft und damit in eine Rezession gerutscht. Die Summe aller hergestellten Waren und Dienstleistungen sank zwischen April und Juni um 1,9 Prozent zum Vorquartal. Zum Jahresanfang war die größte Volkswirtschaft Südamerikas um 0,7 Prozent geschrumpft. Bei zwei rückläufigen Quartalen in Folge sprechen Experten von einer Rezession. In diesem Jahr rechnen Volkwirte für die siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt mit einem geschätzten BIP-Rückgang von 1,8 Prozent.
Die schwache Wirtschaft wird auch Rousseff angekreidet. Ihre Beliebtheit fiel in Umfragen zuletzt auf einstellige Prozent-Werte. So hat ihr Bemühen, die Ausgaben zu kürzen und die Steuern zu erhöhen, kaum geholfen, um verloren gegangenes Vertrauen aufseiten der Investoren und Konsumenten zurückzugewinnen. Die Investitionen fielen im Frühjahr um 8,1 Prozent und damit das achte Quartal in Folge. Eine ähnlich lange Negativ-Serie hat es seit Erhebung der Daten 1996 noch nicht gegeben.
Autobauer reagieren auf Wirtschaftslage
General Motors reagiert mit einem Produktionsstopp auf die schwache Auto-Nachfrage in Brasilien. An vier Tagen im September stünden die Bänder in den argentinischen GM-Werken still, erklärte die Opel-Mutter am Montag. Brasilien ist der Hauptabnehmer der dort produzierten Fahrzeuge. Aufgrund der Rezession war die Fahrzeugproduktion in Argentinien bereits von Juni auf Juli um rund 16 Prozent gesunken. In Argentinien bauen unter anderem auch Volkswagen, Ford, Toyota, Peugeot und Fiat Chrysler Autos.
Betroffen von der lahmenden Wirtschaft sind auch Nutzfahrzeug-Hersteller. Der brasilianische Absatzmarkt für Lastwagen war im ersten Halbjahr 2015 um knapp die Hälfte eingebrochen. In Folge setzt Daimler in Brasilien zur Schrumpfkur an. Massenhafte Kündigungen wird es aber nicht geben. Pläne zur Streichung von 1.500 Jobs in einem Lastwagen-Werk bei São Paulo wurden fallengelassen, wie der Autobauer am Montag (31.8.2015) mitteilte. Dafür muss die Belegschaft Einschnitte hinnehmen: Die Arbeitszeit wird in dem Werk um 20 Prozent gekürzt, die damit verbundenen Lohn- und Gehaltseinbußen in gleicher Höhe kompensiert der brasilianische Staat zur Hälfte. Zudem verzichten die Mitarbeiter teilweise auf den Inflationsausgleich.
iw/wen (rtr, dpa)