Parlamentschef unter Korruptionsverdacht
21. August 2015Die Staatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben Anklage beim Obersten Gerichtshof Brasiliens gegen Parlamentspräsident Eduardo Cunha wegen Korruption und Geldwäsche eingereicht. Es ist das erste Mal, dass ein aktiver Politiker in der Petrobras-Affäre angeklagt wird. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, müsste das Parlament entscheiden, ob Cunha seines Amtes enthoben wird.
Fünf Millionen Schmiergeld?
Cunha wird vorgeworfen, im Gegenzug für Verträge über zwei Ölbohrschiffe Schmiergeld in Höhe von rund fünf Millionen Dollar angenommen zu haben. Cunha weist alle Vorwürfe zurück. Auch der ehemalige Staatschef und heutige Senator Fernando Collor de Mello wurde von der Staatsanwaltschaft im gleichen Fall angezeigt. Auch er bestreitet die Anschuldigungen. Collor war von 1990 bis 1992 Präsident und damals wegen eines anderen Korruptionsskandals zurückgetreten.
Cunha gehört der Partei PMDB (Partido do Movimento Democrático Brasileiro) an, dem größten Koalitionspartner der Arbeiterpartei von Staatspräsidentin Dilma Rousseff. Nach der Aufnahme von Ermittlungen gegen sich hatte sich der Parlamentspräsident mit Rousseff überworfen, weil er sich von der Regierung im Stich gelassen fühlte.
Cunha fordert seitdem den Rücktritt der Staatschefin und erschwert der Regierung die Durchsetzung von Reformen im Parlament. Er wird jedoch bei seinem Kollisionskurs gegen Rousseff nicht von seinen Parteifreunden unterstützt.
Schwarzgeld an Parteien
Dem halbstaatlichen Ölgiganten Petrobras wird vorgeworfen, für Arbeiten von Subunternehmen sowie für Zukäufe systematisch zu hohe Kosten ausgewiesen und die Differenz zu den tatsächlichen Preisen an politische Parteien geschleust zu haben - unter ihnen auch die Arbeiterpartei von Rousseff. Sie bestreitet, etwas von Bestechung und Geldwäsche gewusst zu haben. Von 2003 bis 2010 leitete sie als Verwaltungsratschefin die Petrobras-Aufsicht.
Wegen des Korruptionsskandals und der schweren Wirtschaftskrise in Brasiliens ist Rousseff politisch schwer angeschlagen. Erst am vergangenen Sonntag forderten knapp eine Million Demonstranten im ganzen Land ein Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin.
wl/ml (dpa, afp, rtr)