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Braucht Deutschland ein Einwanderungsgesetz?

Sabine Kinkartz, Berlin8. Januar 2015

Nach dem Anschlag in Paris warnen deutsche Islamkritiker vor der Bedrohung durch Zuwanderer. Regierungspolitiker kritisieren das scharf und die CDU bringt überraschend sogar ein Einwanderungsgesetz ins Gespräch.

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Grenzschild - Foto: Friso Gentsch (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Kaum etwas ist in den Unionsparteien CDU und CSU so umstritten wie das Thema Zuwanderung. Umso erstaunlicher mutet der Vorstoß von CDU-Generalsekretär Peter Tauber an, ein Einwanderungsgesetz auf den Weg zu bringen. "Wenn wir eine Zuwanderung wollen, die nicht nur arbeitsmarktoptimiert ist, nicht nur temporär, dann müssen wir auch über ein Einwanderungsgesetz reden", sagte Tauber der Tageszeitung "Die Welt". In dem Gesetz könne festgelegt werden, "welchen Bedarf wir an Zuwanderung haben, was ein Zuwanderer im wahrsten Sinne des Wortes mitbringen soll - an Bildung, an Fähigkeiten und der Bereitschaft, sich einzubringen". Auch der Familiennachzug sollte in einem Einwanderungsgesetz geregelt werden.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber - Foto: Kai Pfaffenbach (Reuters)
CDU-Generalsekretär Tauber: "Zuwanderung, die nicht nur arbeitsmarktoptimiert ist"Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Damit stellt sich der CDU-Generalsekretär bewusst gegen die islamfeindliche Pegida-Bewegung. Der Islam dürfe nicht pauschal verurteilt werden. "Die Vorstellung, dass ein Muslim kein guter deutscher Bürger sein kann, ist falsch", betont Tauber. "Die Menschen leben hier, werden heimisch, haben Familien, bauen sich etwas auf, engagieren sich für die Gemeinschaft - im Idealfall, aber eben nicht immer."

Andere Einwanderungsländer hätten Deutschland voraus, dass sie einem Zuwanderer Zugehörigkeit vermitteln würden, meint der CDU-Politiker: "Du bist einer von uns. Wir wollen, dass du dich zu unserem Land bekennst. Wir brauchen dich." Das komme in der Bundesrepublik noch zu kurz. Den Arbeitsmarkt behält Tauber dennoch im Blick. Für bestimmte Berufsbilder kann er sich eine Quotenregelung vorstellen. "Wir reden ja jetzt schon darüber, ob etwa ein Arzt, der als Flüchtling zu uns kommt, bleiben kann."

Seehofer mauert

Bei der Schwesterpartei CSU stößt Taubers Vorstoß auf wenig Gegenliebe. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer ist nach wie vor strikt gegen ein Einwanderungsgesetz. "Deutschland hat, im Gegensatz zu vielen Staaten mit einem Einwanderungsgesetz, ein grundgesetzlich geschütztes Grundrecht auf Asyl. Das können wir mit einem Einwanderungsgesetz nicht beiseiteschieben", sagte er in einem Interview der "Leipziger Volkszeitung". Dies sei schon "tausend Mal diskutiert" worden. Er verstehe nicht, wieso es trotzdem immer wieder hochkomme. "Man kann gesetzlich in Sachen Einwanderung regeln was man will, es wird immer so sein, dass das Asylgrundrecht vorgeht."

Neben dem Grundrecht auf Asyl gibt es in Deutschland seit 2005 ein Zuwanderungsgesetz, das für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten allerdings kaum Möglichkeiten bietet, in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Offiziell heißt es "Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern".

SPD kritisiert AfD

Während die CSU mauert, begrüßt der Koalitionspartner SPD den Vorschlag des CDU-Generalsekretärs für ein Einwanderungsgesetz. Wenn Tauber das vorschlage, sei "die SPD sofort gesprächsbereit" sagte der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann vor Beginn einer Klausurtagung seiner Fraktion in Berlin. "Wir brauchen in der Tat ein Einwanderungsgesetz und werden das Thema auf unserer Klausur in den Mittelpunkt stellen."

Ein Arbeitsmarktexperte werde der Fraktion erläutern, was es bedeuten würde, wenn Deutschland auf Einwanderung verzichten müsste. "Wir müssen jedes Jahr 400.000 Arbeitnehmer ersetzen, die mehr aus dem Erwerbsleben ausscheiden, als neu eintreten", so Oppermann. Die SPD sei daher beim Thema Einwanderung gesprächsbereit und werde auch konkrete Vorschläge für ein Gesetz machen.

Scharf kritisierte Oppermann in diesem Zusammenhang den AfD-Politiker Alexander Gauland: Wenn dieser meine, dass Pegida mit Warnungen vor der Islamisierung des Abendlandes Recht habe, "dann vermischt er die Killer von Paris mit den friedlichen muslimischen Einwanderern in Deutschland". Pegida und AfD müssten aufpassen, "dass sie nicht das Geschäft der Terroristen betreiben". Was er da höre, sei unsäglich. Und der SPD-Fraktionschef unterstreicht: "Das ist eine politische Hetze, das ist eine politische Brandstiftung."