Theresa May will Cameron beerben
30. Juni 2016In einem Gastbeitrag für die Zeitung "The Times" kündigte Theresa May ihre Kandidatur für den Vorsitz der regierenden Konservativen an. Sollte die 59-Jährige den Posten bekommen, ist ihr der Aufstieg zur Regierungschefin so gut wie sicher. In der Vergangenheit hatte sich die Innenministerin mit einer EU-skeptischen Haltung profiliert.
Aber in der Brexit-Kampagne spielte sie keine prominente Rolle und hielt sich aus den pareiinternen Flügelkämpfen heraus. Im Vorfeld des Referendums warb sie sogar für einen Verbleib Großbritanniens in der EU. Somit könnte sie sich für die zerstrittenen Tories als Figur des Ausgleichs empfehlen.
"Brexit heißt Brexit"
May kündigte an, sie würde als Regierungschefin den offiziellen Ausstieg Großbritanniens aus der EU frühestens in einigen Monaten einreichen. Der Artikel 50 der EU-Verträge und damit das Austrittsgesuch werde nicht vor Ende des Jahres aktiviert. In einer Rede sagte sie: "Brexit heißt Brexit". Es werde allerdings einige Jahre dauern, um den Austritt über die Bühne zu bekommen. Es dürfe kein zweites Referendum geben und keine Versuche, in der Europäischen Union (EU) zu bleiben oder sich ihr später "durch die Hintertür" wieder anzuschließen.
May sagte außerdem noch, dass es vor 2020 keine Neuwahl geben werde. In naher Zukunft werde es auch nicht zu Änderungen der Handelsvereinbarungen mit der EU kommen.
Johnsons Kandidatur wird noch erwartet
Mays stärkster Gegenkandidat dürfte der ehemalige Londoner Bürgermeister Boris Johnson sein, der sich als Wortführer des siegreichen Brexit-Lagers hervorgetan hatte und damit zu einer besonders polarisierenden Figur in der britischen Politik wurde. Johnson hat seine Kandidatur bislang noch nicht erklärt. Sie wird aber weithin erwartet. Die parteiinterne Bewerbungsfrist läuft am Donnerstagmittag aus.
Vorliebe für auffällige Fußbekleidung
May, die oftmals mit ihren Schuhen für Schlagzeilen sorgt, stichelt in ihrem Artikel unterschwellig gegen Johnson, der aus der britischen Oberschicht stammt. So distanzierte sie sich von Politikern, die die Härten des Lebens nicht kennen und das Regierungsgeschäft für "ein Spiel" hielten.
Einen Schwerpunkt wolle sie in der Sozialpolitik setzen: Unter ihrer Führung werde die Regierung ein "radikales Programm der Sozialreformen" angehen, um "Großbritannien zu einem Land zu machen, das für jeden funktioniert".
Auch Justizminister Grove will kandidieren
Derweil wird die Liste der Bewerber immer länger. Nach dem wenig bekannten Rentenminister Stephen Crabb hat laut einem Bericht der BBC auch Justizminister Michael Gove seine Kandidatur erklärt. Ursprünglich habe er den ehemaligen Londoner Bürgermeister unterstützten wollen, schreibt Gove in einer Kolumne im Internet. "Aber dann bin ich, nach einigem Zögern, zum Schluss gekommen, dass Boris nicht für die Führung sorgen oder das Team aufbauen kann, das für die bevorstehende Aufgabe nötig ist."
Auch Energieministerin Andrea Leadsom will David Cameron als Parteichefin beerben, wie sie auf Twitter mitteilt. Leadsom hatte sich für einen Brexit ausgesprochen.
Wenn es mehr als zwei Kandidaten gibt, wird das Bewerberfeld per Abstimmung der Tory-Abgeordneten verkleinert. Dabei gelten Johnson und May als Favoriten.
uh/as (dpa, afp, rtr)