Bundespräsidentenwahl: In Steinmeiers Schatten
11. Februar 2017Christoph Butterwegge (66) für die Linkspartei
Dass der Armutsforscher seine Präsidentschaftskandidatur nutzt, um die soziale Ungleichheit in Deutschland anzuprangern, ist wohl wenig erstaunlich: Schließlich ist er 2005 aus Protest gegen die Sozialpolitik der SPD - Stichwort Harz IV und Agenda 2010 - aus der Partei ausgetreten, in der er Jahrelang aktiv war. Jetzt kandidiert er für die Linkspartei, ist allerdings kein Mitglied.
Zwar gilt die Wahl des ehemaligen Außenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD) am 12. Februar als sicher - trotzdem ist Butterwegge, der bis zu seinem Ruhestand im Oktober Professor für Politikwissenschaften in Köln war, überzeugt, dass seine Kandidatur die wachsende soziale Ungleichheit stärker in den Fokus geräumt hat. Deshalb habe sich seine Kandidatur gelohnt.
Denn: Politik "sollte zuerst jenen nützen, denen es am schlechtesten geht, das sind Obdach- und Wohnungslose", so Butterwegge in einem Interview. Den etablierten Parteien wirft er vor, Armut und wachsende Ungleichzeiten zu ignorieren - und sukzessive den Sozialstaat abzubauen. Butterwegge fordert, es müsse in Deutschland zu einer größeren Umverteilung des Reichtums kommen.
Albrecht Glaser (75) für die AfD
Auch Glaser hat seiner ehemaligen Partei den Rücken gekehrt: Glaser war von 1970 bis 2012 Mitglied der CDU und als Stadtkämmerer in Frankfurt am Main für die finanziellen Angelegenheiten der Stadt verantwortlich. Dort allerdings hat er sich einen ziemlich dubiosen Namen gemacht: Im Jahr 2000 kaufte Glaser mit Steuergeldern Aktienfonds, die tief in die roten Zahlen rutschten und der Stadt Medienberichten zufolge einen Schaden in dreistelliger Millionenhöhe bescherte. Glaser aber weist noch immer jede Schuld von sich.
2013 trat Glaser dann als 30. Mitglied überhaupt in die neugegründete AfD ein, aktuell ist er Vize-Bundesvorsitzender und pflegt ein gutes Verhältnis zu Parteichefin Frauke Petry. Die Frankfurter Allgemeine nennt ihn den "Chefideologen" der AfD: Auf der Facebook-Seite der AfD ist ein Eintrag zu finden, darunter Glasers Bild, der die "Massenimmigration" als den "Untergang Deutschlands und des Kontinents" bezeichnet. Und weiter: "Der Import der muslimischen Religion (…) bedeutet den Untergang der abendländischen Kultur." Nur die "Abschottung" Europas sei die "einzige Chance, sein Überleben zu sichern."
Alexander Hold (54) für die Freien Wähler
Als vierter Kandidat zieht Alexander Hold ins Rennen, dessen Ausgang aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung eigentlich schon klar ist. Der Jurist ist seit 2008 ehrenamtlich für die Freien Wähler im Stadtrat seiner Heimatstadt Kempten im Allgäu aktiv und, so heißt es in einer Kurzbiografie, "ist stolz auf seine Weinberge". Bekannt wurde er aber wohl eher durch die TV-Gerichtsshow "Richter Alexander Hold" und die Fernsehserie "Im Namen der Gerechtigkeit - Wir kämpfen für Sie!", in denen er seit fünfzehn Jahren fiktive Prozesse und Streitigkeiten auskämpft.
Sein "Oberthema" sieht Hold darin, das Vertrauen in die Politik, den Rechtsstaat und Europa zurückzugewinnen. Denn viele Menschen fühlten sich von der Politik nicht mehr verstanden und glaubten "eher platten Parolen." Dieser Dinge müsse sich ein Präsident annehmen: "Ich glaube, dass Deutschland einen Bundespräsidenten brauchen könnte, der die Bürger mehr erreicht und der es schafft, Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen."
Hold bewertet seine Wahlchance "realistisch", wie er in einem Interview erklärte. "Wenn man in Deutschland allerdings den Bundespräsidenten direkt wählen könnte, dann hätte ich bessere Chancen."
Engelbert Sonneborn (79) für Die Partei
Er sei ganz klar prädestiniert für das Amt: "Er besitzt einen dunklen Anzug", so wirbt der EU-Abgeordnete der Satirepartei "Die Partei", Martin Sonneborn, für seinen Vater Engelbert. Außerdem sei er "ein Mann von Manieren und großer Höflichkeit". Und: Als ehemaliger CDU-Wähler habe er ein konservatives Weltbild und würde deshalb bestimmt gut mit Merkel harmonieren. Sonst ist wenig über ihn bekannt. Nur so viel: "Er ist 79 und hat Vorerfahrung." Soweit das Resümee seines Sohnes.
Sonneborn Seniors Nominierung richtet sich vor allem gegen Steinmeier: Sein Vater habe "niemanden in Guantánamo sitzen lassen", erklärt Sonneborn. Er spielt damit auf Steinmeiers Rolle als Kanzleramtschef und Geheimdienstkoordinator unter Gerhard Schröder (SPD) an. Damals, so die Kritik, habe Steinmeier sich nicht um die Freilassung von Murat Kurnaz bemüht. Der in Bremen aufgewachsene Kurnaz war von 2002 bis 2006 ohne Anklage in Guantánamo inhaftiert.
Was Engelbert Sonneborn von all dem hält? Schwer zu sagen. Er schweigt bislang. "Mein Vater wird nicht sprechen. Der spricht erst, wenn er bezahlt wird dafür, also wenn er im Amt installiert ist", erklärt sein Sohn. Also allen Vorzeichen nach wohl nie.