Mali-Einsatz: Gefährlich, aber nötig?
26. Januar 2017Der Anschlag geschah beim Morgenappell: Ein mit Sprengstoff beladener Wagen raste am vergangenen Mittwoch in ein malisches Armeelager in der Stadt Gao. 70 Soldaten starben. Bundeswehr-Soldaten sind in der Nähe stationiert. Sie beteiligen sich an der UN-Mission Minusma. Die Blauhelme sind auch längst zur Zielscheibe für Extremisten geworden. "Gemessen an den Todeszahlen ist die Mission in Mali derzeit der gefährlichste UN-Einsatz weltweit", sagt der britische Mali-Experte Paul Melly der DW.
Gefahren, die bald bis zu 1000 Bundeswehr-Soldaten drohen. Mit großer Mehrheit beschloss der Bundestag am Donnerstag die Ausweitung des Bundeswehr-Einsatzes im westafrikanischen Krisenstaat. Bisher lag die Obergrenze für den Einsatz bei 650 Soldaten. Auch acht Hubschrauber werden nach Nordmali verlegt.
Der Mali-Einsatz ist gefährlich. Das betonten auch die Redner der Regierungsparteien CDU/CSU und SPD vor der Abstimmung. Aber er sei auch dringend notwendig, sagte der CDU-Abgeordnete Henning Otte. "Wir haben in den letzten Jahren erkannt, dass wir unser Engagement und unsere Verantwortung erhöhen müssen, um dort die Konflikte einzudämmen, wo sie enstehen." Otte war kürzlich selbst mit einer Abgeordneten-Delegation in Mali. "Sonst kommen die Auswirkungen in Form von Terror und von Menschen, die vor diesem Terror fliehen, zu uns", sagte er.
"Die Linke" lehnt Ausweitung des Bundeswehr-Einsatzes ab
Seit 2012 steckt Mali in der Krise. Nach einem Tuareg-Aufstand übernahmen Rebellen und Islamisten die Kontrolle über Teile des Landes. Französische Truppen stoppten ihren Vormarsch auf die Hauptstadt Bamako. Die UN-Mission wacht über die Einhaltung eines Friedensabkommens zwischen der Regierung und einigen Rebellengruppen. Zudem soll sie die Bevölkerung vor den bewaffneten Gruppen schützen, die vor allem im Norden operieren.
Die Abgeordneten der Linkspartei lehnen die Ausweitung des deutschen Einsatzes als einzige Fraktion ab. "Wie in Afghanistan haben Sie die Bundeswehr Stück für Stück in eine offensive Kampfoperation geschickt", sagte Entwicklungspolitiker Niema Movassat. Armut und Perspektivlosigkeit in Nordmali seien die Gründe, warum sich junge Menschen Islamisten anschlössen. "Sie müssen die sozialen Ursachen des Terrors bekämpfen, statt immer mehr Soldaten in alle Welt zu schicken", so Movassat.
Der Vergleich mit dem Afghanistan-Einsatz sei falsch, konterte die grüne Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger. Man könne eine Friedensmission der Vereinten Nationen nicht mit dem Label "Krieg" versehen, so Brugger in Richtung der Linken. Zugleich forderte sie mehr politisches Engagement für den Friedensprozess in Mali. "Ich wundere mich schon, welchen Druck Sie ausüben können, wenn es um Fragen von Migration und Rücknahmeabkommen geht, aber warum Sie so leisetreten, wenn es darum geht, Korruptionsbekämpfung einzufordern oder die Umsetzung des Friedensprozesses", sagte Brugger an die Adresse der Bundesregierung.
Diskussionen gehen weiter
Bereits an diesem Freitag soll der erste Bundeswehr-Helikopter für den Transport nach Mali verladen werden. Die übrigen werden in den kommenden Wochen folgen. Die Diskussionen über den Mali-Einsatz dürften trotzdem nicht abreißen. Auch innerhalb der Bundeswehr ist das deutsche Engagement umstritten. "Mission impossible?" fragt das Magazin "loyal" des Reservistenverbandes in seiner aktuellen Ausgabe. Auch Bundeswehrverband-Chef André Wüster hat den Einsatz in der Vergangenheit kritisiert. "Ich habe die Sorge, dass dauerhaft die gleichen Fehler gemacht werden, wie in Afghanistan: zielloser Einsatz von Entwicklungsgeldern, wenig Koordination zwischen den Ressorts, gepaart mit Machbarkeitsillusionen und überzogenen Erwartungen," sagte er der Bild-Zeitung im Dezember.
Paul Melly vom britischen Thinktank Chatham House hält mehr deutsches Engagement für richtig. "Es verbessert die Sicherheit der UN-Truppen oder hält zumindest die Gefahr in Grenzen", sagt Melly. Trotzdem warnt er vor überzogenen Illusionen: "Die Bedrohungen durch den Terrorismus werden nicht allzu bald verschwinden."