Burundi: Deutscher Rohstoff-Deal zur politischen Unzeit
12. Mai 2015Vier Jahre lang hat das private britische Bergbau-Unternehmen Rainbow Rare Earths Limited das 39 Quadratkilometer große Gebiet im burundischen Gakara erforscht, die Bedingungen schienen ideal: Hunderttausende Tonnen von Erzen wie Bastnäsit und Monazit, aus denen seltene Erden gewonnen werden, schlummern im Erdreich, einfach zu erreichen und abzubauen. Im März 2015 erteilte die burundische Regierung die Förderlizenz, Ende des Jahres soll mit dem Abbau begonnen werden, 5000 Tonnen Erz will Rainbow jährlich fördern. Ein Abnehmer für den begehrten Rohstoff, der für die Herstellung von technischen Geräten wie Handys, Notebooks, aber auch Windrädern oder Solaranlagen gebraucht wird, ist auch schon gefunden: ThyssenKrupp Metallurgical Products, das Rohstoffhandelshaus des deutschen Stahlkonzerns ThyssenKrupp. "Wir freuen uns auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Rainbow Rare Earths", wird Kai-Norman Knötsch, Vorsitzender der Geschäftsführung von ThyssenKrupp Metallurgical Products in einer Pressemitteilung des Konzerns vom 14. April zitiert.
Doch es sind nicht die Meldungen über erfolgreiche Vertragsabschüsse wie diesen, die die aktuelle Berichterstattung über Burundi dominieren. Der kleine ostafrikanische Staat steckt mitten in einer politischen Krise: Seit Monaten nehmen die Repressionen gegenüber Oppositionellen, Demonstranten und Journalisten zu. Präsident Pierre Nkurunziza will sich mit allen Mitteln eine weitere Amtszeit sichern, Teile der Jugendliga seiner Partei sollen Waffen an die Bevölkerung verteilen - Erinnerungen an den Bürgerkrieg, der von 1993 bis in die 2000er hinein im Land tobte werden wach. Mehr als 50.000 Menschen sind aus Angst vor Gewalt bislang außer Landes geflohen, schätzen die Vereinten Nationen. Seit Nkurunziza Ende April bekanntgab, dass er bei den diesjährigen Präsidentschaftswahlen erneut kandidieren will, sind nahezu täglich Tote bei Demonstrationen zu beklagen. Inzwischen gibt es Meldungen, dass das Militär gegen ihn geputscht habe.
Menschenrechte als Vertragsbedingung?
Kein Umfeld, um Geschäfte mit der burundischen Regierung zu machen, mahnt Gesine Ames vom Ökumenischen Netz Zentralafrika (ÖNZ), einem Zusammenschluss deutscher kirchlicher Organisationen, die sich in der Region engagieren. "In so einer brenzligen Situation würde ich solche Deals noch einmal überdenken beziehungsweise unter klare Konditionen stellen - etwa der Einhaltung von Menschen- und Bürgerrechte", so Ames.
Stehen solche Konditionen im Vertrag zwischen ThyssenKrupp Metallurgical Products und Rainbow Rare Earths? Könnte die deutsche Firma aus dem Vertrag wieder aussteigen, wenn es die Menschenrechtslage fordert? "Vertragsdetails unterliegen der Vertraulichkeit, deswegen bitte ich um Ihr Verständnis, dass wir hierzu nicht weiter Stellung nehmen können", lautet die Antwort des ThyssenKrupp-Sprechers Stefan Ettwig auf die Anfrage der DW. Die Geschäftsbeziehungen mit Rainbow unterlägen strengen Kriterien bezüglich Regeltreue und Verhaltenskodex. Darin stehen Menschenrechte als explizites Kriterium bei den Beschaffungsaktivitäten. Doch Lieferant von ThyssenKrupp ist eben nicht die burundische Regierung sondern die britische Rainbow Rare Earths Limited - und auf die zieht ThyssenKrupp sich zurück: Bei der Bewertung der Situation vor Ort verlasse man sich auf die Einschätzung des Handelspartners, so Ettwig.
Rainbow möchte Fragen zur burundischen Politik und die Sorgen von Nichtregierungsorganisationen nicht kommentieren. Nur so viel: "Wir halten uns aus der Politik des Landes raus." Er hoffe, dass es in Burundi bald wieder friedlich sei, so Martin Eales, Geschäftsführer von Rainbow Rare Earths im DW-Interview. "Wir stellen uns hinter keine bestimmte Partei. Wir hoffen auf eine schnelle Lösung, aber wir überlassen das den Personen, die in den Prozess eingebunden sind."
Lieber die Europäer als die Chinesen?
Für Christoph Kannengießer, Geschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, sind international geltende Sanktionen Voraussetzung dafür, dass Unternehmen wie Rainbow oder ThyssenKrupp aus dem Burundi-Geschäft aussteigen - und die sind bislang nicht im Gespräch. "Aus unserer Sicht ist es nicht angezeigt, dass einzelne Firmen dort ihre Aktivitäten einstellen." Denn das führe im Ergebnis nur dazu, dass diese von anderen übernommen würden, die sich weniger um Sozial- und Umweltstandards kümmern würden als die Europäer - zum Beispiel China, sagt Kannengießer. "Für Burundi ist es sicherlich besser, wenn die dort vorhandenen Rohstoffe von Firmen gefördert und gehandelt werden, die sich entlang von werteorientierten Standards bewegen."
Dieses Argument lässt Gesine Ames vom ÖNZ nicht gelten. "Das finde ich zu einfach. Gerade im Falle von Burundi ist es wichtig, auch als Wirtschaft klare Zeichen zu setzen." Und da dürfe sich auch ThyssenKrupp Metallurgical Products nicht aus der Verantwortung stehlen. "Es gibt, wenn bislang auch nur auf freiwilliger Ebene, ganz klare Sorgfaltspflichten beim Abbau von Rohstoffen in Konfliktregionen. Da ist auch ein Glied in der Wertschöpfungskette gefragt, das nicht direkt am Abbau beteiligt ist, aber die Exklusivrechte als Abnehmer der Produkte hat."
Ausländische Firmen seien in Burundi willkommen, stellt Déogratias Maruhukiro klar. Der burundische Pater lebt in Freiburg und engagiert sich für die Rechte der Menschen in seiner Heimat. Es müsse jedoch dafür gesorgt werden, dass Projekte wie der Abbau von seltenen Erden in Gakara auch einen Nutzen für die lokale Bevölkerung haben. "Ausländische Unternehmen, die Verträge zum Rohstoffabbau in Konfliktregionen abschließen, profitieren in der Regel sehr stark davon - aber die Bevölkerung überhaupt nicht."