BVB - die unerfüllte Prophezeiung
5. März 2019Immerhin 49 Minuten hatte die Hoffnung Bestand. 49 Minuten, in denen Borussia Dortmund an ein (Fußball-) Wunder geglaubt hatte. Dann kam Harry Kane an den Ball - und die Realität spiegelte sich unbarmherzig auf der Anzeigetafel des Dortmunder Stadions. Der Angreifer der Tottenham Hotspur nahm allen, die es mit dem BVB halten, die Luft zum Atmen.
Das 1:0 für die Engländer war die frühzeitige Entscheidung in diesem Achtelfinale der Champions League, das die Mannschaft von Trainer Lucien Favre eigentlich schon im Hinspiel (0:3) verloren gegeben hatte. "Wir brauchen eine Top-Leistung", hatte Kapitän Marco Reus, auf den sie so viele Hoffnungen nach überstandener Oberschenkelverletzung beim BVB gesetzt hatten, vor dem Spiel geraunt. "Wir müssen an unser Maximum kommen."
Tottenham übt sich von Beginn an im Zeitspiel
Eine dieser Prophezeiungen sollte sich immerhin erfüllen: Um diese Partie doch noch auf wundersame Weise zu drehen, hätten allerdings zwingend beide Vorhersagen Reus' eintreten müssen. Die Sache mit dem guten Spiel haben die Dortmunder auf beeindruckende Weise umgesetzt. Sie spielten Tottenham eine Halbzeit lang nahezu an die Wand. Sie passten, agierten und wirbelten so schnell und ballsicher, dass die Engländer fast darum flehten, überhaupt einmal an den Ball zu kommen - und sie suchten ihr Heil darum von Beginn an in einem nervtötenden und eher hilflos anmutenden Zeitspiel.
Doch das Maximum, zu dem fanden die Dortmunder nicht. Reus, Julian Weigl, Jadon Sancho, Paco Alcacer hatten im ersten Durchgang allesamt Tormöglichkeiten, die eine völlige Kehrtwende der Partie durchaus zugelassen hätten. Doch es fehlten stets ein Zentimeter, eine Zehntelsekunde, eine Portion dieses ominösen Glücks, das ein Schütze benötigt, um den Ball über die gegnerische Torlinie zu befördern.
"Ich habe eine sehr gute Leistung in der ersten Halbzeit gesehen. Uns hat nur ein Tor gefehlt. Nach dem Treffer von Kane war bei uns der Stecker gezogen", sagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc.
Tendenz des BVB geht abwärts
Das sportliche Tal, in dem die Dortmunder derzeit stecken, hat sich damit weiter verlängert. Die europäische Königsklasse ist damit für diese Saison beendet. Das dann insgesamt deutliche Ausscheiden gegen das eingespielte Team von Trainer Mauricio Pochettino hätte wohl kaum jemand in diesem Ausmaß erwartet. Am Ende waren die "Spurs" eine Nummer zu groß für BVB - und wohl deutlich größer, als es alle Beteiligten im Vorfeld gedacht hatten.
Das Favre-Team kann sich nun in vollem Umfang auf die restliche Bundesligasaison konzentrieren. Im DFB-Pokal ist der BVB bereits gegen Werder Bremen ausgeschieden. Noch lässt die Spielweise der Dortmunder nichts von einer nennenswerten Krise erahnen, auch wenn die Tendenz des BVB sich in eine für den Klub unerfreuliche Richtung dreht. Die Mannschaft ist dabei, sämtliche Hoffnungen einer Saison, die so furios begann und die nun eine ernüchternde Tendenz annimmt, zu verspielen.
Das Rennen um die Meisterschaft ist noch immer offen für die Borussia, auch wenn sie innerhalb weniger Wochen einen Neun-Punkte-Vorsprung auf den FC Bayern verspielt hat. Ob diese weitere hochkarätige Gelegenheit Fluch oder Segen für diese junge BVB-Mannschaft ist, das dürfte wohl nicht einmal der überaus erfahrene Fußballlehrer Favre (61) wissen - auch der Schweizer wird sich wohl von seinem Team überraschen lassen müssen.