Brasilien: Petrobras-Chef zurückgetreten
2. Juni 2018Viele wurden von der Entscheidung überrascht, denn eigentlich galt Pedro Parente als erfolgreicher Retter des halbstaatlichen Ölkonzerns Petrobras. Das Unternehmen war durch ein gigantisches Bestechungsgeflecht quer durch Politik und Wirtschaft sowohl Brasiliens als auch diverser anderer südamerikanischer Länder in die Schlagzeilen - und dann auch in wirtschaftliche Schieflage - geraten.
Vor zwei Jahren hatte der 65-jährige Parente das Ruder des Megakonzerns übernommen, um ihn wieder auf Kurs zu bringen. Eine Bedingung dafür war, dass das Unternehmen die Kraftstoffpreise selbst bestimmen darf.
Staatliche Einmischung unerwünscht
Dieses Privileg hatte Staatspräsident Michel Temer am vergangenen Sonntag jedoch wieder kassiert. Massive Streiks von LKW-Fahrern hatten zu Versorgungsengpässen in weiten Teilen Brasiliens geführt: Tankstellen hatten kein Benzin mehr, Supermärkten gingen die Waren aus und Fabriken mussten wegen Materialmangels die Produktion einstellen. Daraufhin verkündete Temer, dass die Treibstoffpreise für 60 Tage eingefroren und anschließend jeweils für einen Monat festgeschrieben werden sollen.
Zwar versprach er Petrobras Entschädigung für etwaige Verluste, doch bei Konzernchef Parente hatte er mit der Entscheidung offenbar eine rote Linie überschritten. Der Manager wollte die Preise enger an den Weltmarkt koppeln und sie täglich festsetzen. Er wolle "der neuen Preispolitik nicht im Wege stehen", sagte Parente nach einem Treffen mit Temer, bei dem er ihm seine Entscheidung mitteilte.
Milliardenverluste an der Börse
Parentes Rücktritt führte an der Börse von Sao Paulo zu einem Absturz der Petrobras-Aktie: Sie verlor bis zu 17 Prozent, sodass der Wert des Unternehmens um rund 11 Milliarden US-Dollar (ca. 9.4 Milliarden Euro) sank.
Für den designierten Nachfolger an der Petrobras-Spitze, den bisherigen Finanzchef des Unternehmens und ehemaligen Top-Banker Ivan Monteiro, sind das denkbar ungünstige Startbedingungen. Er steht unter dem Druck, gleichermaßen die Schuldentilgung als auch eine investorenfreundliche Unternehmenspolitik voranzutreiben.
Präsident Temer empfahl dem Konzern zwar, Monteiro "auf lange Sicht" an der Spitze zu belassen, doch Beobachter gehen davon aus, dass der Neue sich angesichts der in diesem Oktober bevorstehenden Wahlen in Brasilien nicht über das Jahresende hinaus an der Petrobras-Spitze wird halten können. Der Konzern sei einfach zu wichtig für das Land und deshalb werde jede Regierung versuchen, ihren Einfluss in dem Unternehmen auch personell mit eigenen Leuten zu verankern.
mak/qu (dpa, afp, rtr)