China ändert nach Özil-Tweet TV-Programm
15. Dezember 2019Mesut Özil hat in seiner Karriere als Mittelfeldspieler dem Fußball einige Glanzmomente beschert - und als Twitterer schon mehrere politische Eklats ausgelöst. Bisher ging es dabei um sein enges Verhältnis zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. In seinem Tweet vom 13. Dezember solidarisierte er sich mit dem in China unterdrückten Volk der Uiguren.
Der ehemalige deutsche Nationalspieler mit türkischen Wurzeln schrieb auf Türkisch: "Korane werden verbrannt... Moscheen werden geschlossen... muslimische Schulen werden verboten... religiöse Gelehrte werden einer nach dem anderen umgebracht... Brüder werden gewaltsam in Lager gesperrt..." Er kritisierte, dass viele muslimische Länder darüber schwiegen.
Arsenal fliegt aus dem TV-Sendeplan
Aus China kam Kritik an Özils Äußerungen: Die Chinesische Fußballvereinigung nannte sie "unakzeptabel" - sie hätten "die Gefühle chinesischer Fans verletzt". Die Staatszeitung "Global Times" nannte Özils Anschuldigungen schlicht "falsch".
Jetzt hat das chinesische Staatsfernsehen CCTV das Programm für diesen Sonntag geändert: Eigentlich hätte das Spitzenspiel von Özils Verein Arsenal London gegen Manchester City gezeigt werden sollen. Stattdessen wird nun Wolverhampton Wanderers gegen Tottenham Hotspur übertragen, die in der Tabelle jeweils ein paar Plätze weiter unten stehen.
Nun sind Fußballvereine in erster Linie Wirtschaftsunternehmen, und auch Arsenal unterhält zahlreiche Verbindungen nach China. Der Verein versuchte im chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo zu beschwichtigen: "Die veröffentlichten Inhalte sind Özils persönliche Meinung." Als Fußballverein habe Arsenal sich immer an das Prinzip gehalten, sich nicht in die Politik einzumischen."
Diese Distanzierung bezeichnete der Direktor der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Ulrich Delius, als "kläglich und opportunistisch, so wie das Verhalten der islamischen Staaten". Die GfbV unterstützte laut einer Mitteilung "die Kritik Özils am Schweigen der islamischen Staaten zu den schweren Menschenrechtsverletzungen an Uiguren."
Systematische Unterdrückung
Im November belegten zahlreiche Medien anhand von Dokumenten aus dem Inneren der chinesischen Staatsführung die Existenz von Umerziehungslagern in der nordwestlichen Provinz Xinjiang. Die Region ist muslimisch geprägt und wird von der Volksgruppe der Uiguren bewohnt. Schon seit Jahren häuften sich die Berichte von Medien und Menschenrechtlern, nach denen bis zu einer Million Menschen gegen ihren Willen in Umerziehungslagern festgehalten werden.
China räumte die Existenz der Lager inzwischen ein, erklärte jedoch zugleich, es handele sich um Ausbildungszentren zur Umschulung und Deradikalisierung. Kritiker sagen, die Insassen sollten dort zu treuen Anhängern der Kommunistischen Partei Chinas (KP) und Verfechtern Han-chinesischer Kultur gemacht werden - unter Aufgabe eigener Traditionen.
ehl/haz (sid, dpa, afp)