1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Christoph Kramer: "Für immer Borussia"

16. November 2017

Fußball-Weltmeister Christoph Kramer soll am Samstag sein Bundesliga-Comeback nach überstandener Verletzung geben. Im DW-Interview bekennt er sich zu Borussia Mönchengladbach und sagt, warum Glück nicht käuflich ist.

https://p.dw.com/p/2nkHm
1. Bundesliga Telekom Cup -  Borussia Mönchengladbach: Christoph Kramer
Bild: picture-alliance/augenklick/firo Sportphoto/J. Fromme

DW: Christoph Kramer, sprechen wir über Ihre Karriere. Sie sind von Leverkusen nach Bochum ausgeliehen worden, danach wurden Sie nach Mönchengladbach verliehen. Über den Umweg Bayer Leverkusen sind Sie jetzt wieder bei der Borussia angekommen. Wie würden Sie Ihren Karriereweg beschreiben?

Christoph Kramer: Es ging schon stetig nach oben, aber eben nicht so rasant. 2014 war es dann einmal etwas rasanter, aber sonst habe ich versucht, meine Karriere stetig aufzubauen. Ich habe in der Regionalliga angefangen, bin danach dann in die 2. Liga, und jetzt spiele ich seit fünf Jahren Bundesliga. Von daher war meine Karriere systematisch gut aufgebaut, und ich bin glücklich, dass alles so aufgegangen ist.

Woran machen Sie einen Vereins-Wechsel fest? Welche Kriterien entscheiden bei Ihnen über einen Wechsel?

Ich höre auf mein Bauchgefühl. Ich bin ein Kind des Westens, deshalb schaue ich auch nach Standorten. Ich hatte zum Beispiel damals viele Angebote aus der 2. Liga, habe mich aber bewusst für Bochum entschieden - ein geiler Verein, direkt um die Ecke und ich hatte damals schon viele Freunde in Bochum. Daher war die Entscheidung für mich naheliegend. Auch Leverkusen und jetzt Borussia, wo es direkt "Klick" gemacht hat, waren die richtigen Entscheidungen. Ich habe zwar schon öfter gewechselt, aber eben immer nur im Umkreis von wenigen 100 Kilometern.

Das heißt, ein Wechsel ins Ausland ist ausgeschlossen?

Nein, ausschließen würde ich das nicht. Stand jetzt, fühle ich mich aber so wohl bei Borussia, dass ich mir vorstellen könnte, hier für immer zu bleiben. Ich habe schon einmal meine Komfortzone "Borussia" verlassen, ich muss es nicht noch einmal machen.

Ich bin auch kein großer Fan davon, weil man viel dafür getan hat, sich seine Komfortzone in einem Verein aufzubauen, in der man sich wohlfühlt. Ich finde ab einem gewissen Zeitpunkt, und der ist bei mir jetzt gekommen, macht es keinen Sinn mehr, einen Wechsel zu forcieren.

"Der Weg von Borussia passt zu mir"

Ich fühle mich superwohl hier, ich bin in der Nähe von Freunden und meiner Familie. Ich habe hier alles, was ich brauche, und ich erfahre eine große Wertschätzung im Verein. Ich finde die Bundesliga geil, das Ausland reizt mich nicht so wie andere Kollegen. Zudem passt der Weg, den Borussia geht, einfach auch zu mir. Ich liebe den Verein und ich denke nicht, dass ich noch einmal wechseln werde.

Viele Fußball-Profis machen einen Wechsel vom Geld abhängig.

Geld ist mir auch nicht egal. Ich verdiene hier bei Borussia richtig gutes Geld und bin damit sehr zufrieden. In einem Artikel stand mal, dass man sich ab einer bestimmten Summe nicht noch mehr Glück kaufen kann. Ich finde es einfach Quatsch, wenn man sich von Geld weglocken lässt. Wenn zum Beispiel ein Bankangestellter den Job wechselt, weil er woanders das Doppelte verdienen kann, dann kann ich das nachvollziehen. Ob man im Fußballgeschäft aber durch einen Wechsel den einen oder anderen Euro mehr verdient oder sich wohl fühlt - da würde ich mich immer für das Wohlfühlen und die Lebensqualität entscheiden.

1. Bundesliga Telekom Cup -  Borussia Mönchengladbach: Christoph Kramer
Der Gang auf das Spielfeld - für Kramer immer ein HighlightBild: picture-alliance/augenklick/firo Sportphoto/J. Fromme

Was bedeutet es Ihnen, Bundesligaspieler zu sein?

Sehr, sehr viel. Ich hatte das nicht auf dem Schirm, dass ich es einmal schaffen würde. Es war immer ein Traum von mir. Ich habe als Kind die Bundesliga-Konferenzen im Fernsehen geguckt und die Tatsache, dass ich dann einmal Woche für Woche selbst hier spielen und ins Stadion einlaufen darf, das ist richtig geil. Ich liebe das, wenn ich durch den Tunnel ins Helle auf den Rasen komme - alles erhebt sich, dazu die Stimmung im Stadion, das ist etwas, wofür man als Fußballer lebt.

Das Leben eines Fußball-Profis ist sehr genau getaktet. Gibt es manchmal Momente, in denen Sie aus diesem Leben ausbrechen möchten?

Ich bin ein Mensch, der Struktur sehr gerne mag, daher habe ich damit kein Problem. Aber klar habe ich irgendwann auch mal Tage, an denen ich sage: Jetzt würde ich am Wochenende mit meinen Jungs mal gerne irgendwo hinfahren. Aber wie alles im Leben hat auch das Fußballerleben irgendwo Schattenseiten, doch die Sonnenseiten sind so krass in der Überzahl, dass ich darüber gerne hinwegsehe.

Wenn spontane Ausflüge mit Freunden nicht immer funktionieren, ist dann das persönliche Umfeld und die Nähe zur Familie umso wichtiger?

Klar, das ist mir enorm wichtig. Wenn du Fußballer bist, dann verbringst du 80 oder 90 Prozent deines Lebens mit Fußball, du kommst ja nie so richtig davon runter. Dann ist es ganz wichtig, dass du für die paar übrigen Prozent, wo du mal nicht an Fußball denken willst, ein gutes Umfeld hast, das dich auch mal runter bringt. Das tut mir dann immer sehr gut.

Wie hat sich der Fußball in den letzten Jahren aus Ihrer Sicht verändert?

Das ist ganz einfach zu erklären. Es ist viel, viel mehr Geld im Umlauf. Und überall wo viel Geld ist, wird vieles neu gemacht, viel ausprobiert, es gibt mehr Technik, die Spieler werden noch mehr ins Rampenlicht gehievt. Im Endeffekt passiert das alles, weil ein unglaubliches Interesse am Fußball besteht und dadurch unfassbar viel Geld im Umlauf ist.

Fußball Bundesliga SV Werder Bremen vs. Borussia Moenchengladbach
Kramer ist immer mit vollem Einsatz dabeiBild: Getty Images/Bongarts/M. Rose

Sprechen wir über die oft beschriebene Schnelllebigkeit des Geschäfts. Heute ein Star, morgen schon wieder vergessen - wie gehen Sie damit um?

Ich weiß, dass ich an dem Tag, an dem ich mit Fußball aufhöre, kein Fußballer mehr bin. Und das wird sicher ein sehr trauriger Moment. Ich bereite mich darauf vor, dass dann kein Schwein mehr interessiert, was ich mache. Ich glaube, genau darin liegt die Kunst, nämlich in deinem weiteren Leben damit klarzukommen. Ich war letztens in einer Grundschule, und wenn du da die Kinder fragst, wer Michael Ballack ist, dann kennt ihn niemand mehr - und Ballack hat über ein Jahrzehnt Fußball-Deutschland geprägt.

Es ist einfach ein schnelllebiges Geschäft mit vielen guten und einigen schlechten Seiten. Es ist oft sehr emotional, was schön ist. Gute Zeiten gehören dazu, schlechte aber auch. Man muss sich einfach darauf vorbereiten, und wenn es vorbei ist, dann beginnt eben ein neuer Abschnitt. Vielleicht wird man dann erwachsen, wie es Francesco Totti einmal gesagt hat. Ich glaube, man muss diese Schnelllebigkeit einfach genießen, weil es auch irgendwo schön ist. Aber am Tag, an dem du aufhörst, hörst du eben auf.

Kommen wir zum Abschluss noch zur aktuellen Situation hier bei Borussia Mönchengladbach. Welche Rolle haben Sie in der Mannschaft?

Ich bin einer, der voran gehen will und der das auch tut. Aber wir haben viele solcher Köpfe im Team, es gibt nicht den einen. Wir haben eine sehr homogene, eine sehr intelligente Mannschaft, und die Aufgaben sind auf viele Schultern verteilt.

Wie würden Sie den aktuellen Saisonverlauf von Mönchengladbach beschreiben?

Ich bin zufrieden. Ich finde, du darfst auch mal ein Heimspiel wie das gegen Frankfurt (0:1) haben. Das darfst du einmal in der Runde haben, wir hatten leider zwei davon. Einmal gegen die Eintracht und einmal gegen Mainz (1:1). Wenn du in diesen Spielen einen Dreier mitnimmst, dann sieht es richtig gut aus. Das haben wir aber nicht gemacht. Trotzdem bin ich zufrieden. Wir haben 18 Punkte und sind in Lauerstellung.

Generell finde ich es aber schwer, die ganze Suppe Woche für Woche zu bewerten. Wenn wir am Wochenende verlieren, sind wir Mittelmaß. Wenn wir gewinnen, sind wir auf einem Champions-League-Platz. Es geht wirklich nur von Spiel zu Spiel. Wir müssen gucken, dass wir unsere Punkte sammeln, dann können wir am Ende mal auf die Tabelle schauen. Stichwort 'Schnelllebigkeit' - es macht wirklich keinen Sinn zu gucken, wie die Tabelle im Moment aussieht. Wir sollten einfach mal ein bisschen abwarten und es dann bewerten.

Christoph Kramer wurde 1991 in Solingen geboren und bei Bayer 04 Leverkusen ausgebildet. Im vergangenen Jahr wechselte er fest zu Borussia Mönchengladbach, wo der Mittelfeldspieler einen Vertrag bis 2021 besitzt. Seinen bisher größten Erfolg feierte Kramer 2014, als er mit der Nationalmannschaft in Brasilien Weltmeister wurde.

Das Interview führte Thomas Klein.